Zuchtziel Zahmheit

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Xaya
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Zuchtziel Zahmheit

Beitrag von Xaya »

Hallo,
Nachdem ich einiges über die Experimente mit Pelzfüchsen gelesen habe, frage ich mich, ob es möglich wäre, auch Kaninchen über einige Generationen hinweg signifikant zahmer zu züchten - oder ist das Hauskaninchen schon bis zum bestmöglichsten Grad zahmer als das Wildkaninchen?
Infos zu Beljaev's Experiment: http://en.wikipedia.org/wiki/Domesticated_silver_fox v.a. unten in den Links

Das Ziel eines solchen Versuchs wäre es, Kaninchen weniger menschenscheu und zutraulicher zu machen, so dass sie von selbst auf den Menschen zugehen und weniger Scheu zeigen würden. Selbstverständlich ist dies bei vielen Kaninchen der Fall, bei einigen Rassen mehr als bei andern.
Ich habe mir diese Fragen gestellt, weil die Zwerge, die ich kenne, meist scheuer sind als die grossen Kaninchen, und es meiner Meinung nach möglich sein müsste, auch die Zwerge zahmer zu züchten, wenn man sich einige Generationen lang nicht auf Grösse und Aussehen, sondern rein auf den Charakter konzentrieren würde. Da würde sich evtl. zeigen, ob die Grösse und die Zahmheit wirklich kausal zusammenhängen. Wäre jedenfalls ein spannendes Experiment.

Freundliche Grüsse
Xaya
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reh
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Re: Zuchtziel Zahmheit

Beitrag von reh »

Da hast du noch ein paar Links zu dem Thema: http://www.kaninchenwissen.de/viewtopic ... 798&p=4143
mit freundlichen Grüßen
reh

www.satinangora.de - die Kaninchen zum Spinnen -
www.kaninchenfarben.de - Bilder und Genformeln -
Teddy
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Re: Zuchtziel Zahmheit

Beitrag von Teddy »

Hi Xaya,

denke nicht, daß Größe und Zahmheit korrelieren...

Ich züchte ja selbst Teddys und die sind schon von klein an super zahm und zutraulich !

... Hängt sicher mit der Genetik, dem Verhalten der Häsin und des Züchters zusammen und natürlich auch mit dem Umfeld, aber sicher nicht mit der Größe des Kaninchens... !

LG,

Alexandra
Xaya
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Re: Zuchtziel Zahmheit

Beitrag von Xaya »

ja, Teddys und Widder sind generell zahmer als kurzhaarige Stehohren, so meine bisherige Erfahrung. In einigen Ländern werden die Zwerghasen gezüchtet, (in GB Polish genannt, in den USA Britannia Petite), diese sollen sehr aggressiv sein, und sind bestimmt eine der leichtesten Rassen in Existenz.
Wobei da für den schlanken Körperbau und die Kleinheit angeblich Wildkaninchen eingekreuzt wurden.
Smokey-gast

Re: Zuchtziel Zahmheit

Beitrag von Smokey-gast »

Hallo,

vielleicht helfen dir auch Versuche zwischen Wolf und Hund weiter dem auf die Spur zu kommen. Da gab es folgenden Versuch (kannst sicher googlen):
Hundewelpen und Wolfswelpen - beide mit der Hand aufgezogen, gleich behandelt
Versuchsraum: ein Mensch, ein Hund; Versuchstier Wolf/Hund wurde reingelassen. Wölfe gingen durchwegs zum Hund, Hunde zum Menschen.
Versuche mit Gestiken des Menschen: Hunde konnten die menschlichen Gesten VIEL besser deuten als die Wölfe.
Daraus wird geschlossen, dass es schon als "Erbinformation" mitgegeben wird. Tausende Jahre Domestikation sind auch "in der Genetik" drin.
Ich kann mir schon vorstellen, dass das mit der Selektion funktioniert.
Ich bin oft am grübeln woher diese Schreckhaftigkeit von (kleinen) Kaninchen, das nicht raufgenommen werden wollen,... grundsätzlich kommt? Liegt es an eingeschränkten Sinnen? Sind sie "kitzlich"?
Was sagen die Tierkommunikatoren unter euch? Gibt es in dem Forum welche?:-)

lg
Pfote
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Re: Zuchtziel Zahmheit

Beitrag von Pfote »

hallo,

also, ich habe bei meinen zwergkaninchen auch die beobachtung gemacht, das zurückhaltendere häsinnen auch weniger zahme jungtiere bringen. da ich mich sehr viel mit meinen tieren beschäftige liegt das wohl weniger an der prägung des jungtieres auf den menschen, sondern vielmehr an der "erziehung" durch die mutter. ich habe einmal einen testwurf gemacht, ein rammler (der liebevoll als reinrassiger angsthase bezeichnet wird) mit einer etwas scheueren häsin hat 4 jungtiere gebracht. diese kamen schneller aus dem nest, mit 9 tagen waren die augen offen und mit 12 tagen liefen sie völlig frei durch ihr gehege (130cmx80cmx100cm). es handelte sich hier um löwenköpfchen. sie waren alles in allem nicht so zugänglich wie ein anderer wurf löwenköpfe, hier eine fast aufdringlich neugierige häsin, die sich nichtmal vom staubsauger in ihrem mittagsschöaf stören ließ und ein rammler, der im kaninhop eingesetzt wird und mit dem man sogar an der leine spazieren gehen kann.

der "angsthasenwurf" wurde erst nach dem absetzen von der mutter mit 5 wochen (häsin reagierte zunehmend aggressiv auf die jungen und verletzte sogar eins) merklich zutraulicher und ruhiger - sprich weniger schreckhaft auf schnelle bewegungen/laute geräusche. ich hatte den eindruck, die mutter "erziehe" ihren wurf zur vorsicht. auch das aggressive verhalten der mutter hat den kleinen zugesetzt, das ist klar. sobald die mutter aus dem gehege entfernt wurde, war die atmosphäre deutlich entspannter, die jungtiere (7 stück, 6 eigene und ein untergeschobenes) kamen sogar an die gehegetüre um sich streicheln zu lassen, wichen aber vor fremden menschen zurück.

der vergleichswurf der zahmen elterntiere ist mir penetrant auf den füßen rumgesprungen, wenn ich die gehege betrat und hat an mir geknabbert/geleckt, sprang auf den schoß etc. und ließ sich nicht wirklich durch irgendetwas erschüttern, nichtmal durch den rasenmäher!
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wenn die klügeren nachgeben, wird die welt von den dummen beherrscht.
Xaya
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Re: Zuchtziel Zahmheit

Beitrag von Xaya »

Diese Erfahrung ist sehr spannend! Bestimmt hat das Verhalten der Mutter einen Einfluss (sieht man auch in Experimenten mit Wildkaninchen, die von Hauskaninchen erzogen werden). Andererseits hat vielleicht die agressive Mutter ihren Kindern auch in den Genen mehr Aggressivität mitgegeben und nicht nur in der Erziehung?
Meine Erfahrungen sind:
- Grosse Kaninchen sind netter als Zwerge
- Widder sind netter als Stehohren
- Albinos haben ein anderes Verhalten als andersfarbige (kann nicht mehr definieren wie)

Vor ein paar Jahren stand in den Medien, dass offensichtlich beim Menschen während Lebzeiten erworbene Eigenschaften im Erbgut gespeichert und an die Kinder weitergegeben werden. Ich finde leider nichts mehr dazu im Web. Hat mich damals ziemlich überrascht...
Eine Theorie zum Verhaltensunterschied Zwerg/Gross wäre natürlich auch der Fakt, dass kleinere Organismen einen schnelleren Herzschlag und Lebensrhytmus haben, auch bei Hunden sind die kleinen Rassen generell aktiver als die trägen Riesen.
Man sagt übrigens den Zwerghasen (Britannia Petite in den USA, Polish im UK) eine grosse Aggressivität nach, in ihrer Entstehungsgeschichte sollen Wildkaninchen eingekreuzt worden sein. Zwerghasen sind bestimmt die leichteste / kleinste Kaninchenrasse...

Am spannendsten wäre es wohl wirklich, ein Zuchtexperiment zu machen, mit Zwergen zu starten und NUR nach Zahmheit zu selektieren. Würde die Grösse mit den Generationen und dem Zahmheitsgrad steigen?
Pfote
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Re: Zuchtziel Zahmheit

Beitrag von Pfote »

also der experimentelle angsthasenwurf war der dritte wurf der häsin und ich habe von ihr eine tochter und eine enkelin in der zucht. auch von den anderen nachzuchten der häsin habe ich noch nichts über aggressivität gehört oder gesehen. die tochter ist bereits etwas über ein jahr alt, deren tochter ist jetzt 7 monate. beide wurden von einem zutraulichen rammler gezeugt und sind in ihrem verhalten sehr lieb und zugänglich. einzig die enkelin kommt in sachen lautäußerung auf ihre großmutter, denn sie knurrt wenn ihr etwas nicht passt.

vielleicht kann ich am beispiel meiner katzen die vererbung von verhaltensweisen besser erläutern: ich habe eine zeit lang türkisch angora gezüchtet, bevor ich an kaninchen gelangte. meine zuchtkatze hatte 3 würfe, dann ließ ich sie kastrieren da ich nicht mehr genügend zeit für die katzenzucht hatte. der deckkater lebte die ganze zeit mit meinen anderen katzen (zuchtkatze und 2 ältere kastraten) und den jungtieren zusammen, er hat nur gedeckt wenn die katze rollig war. wenn sie es war, hab ich ihn meist separiert damit es nicht zu dauervermehrung kommt. der dritte wurf war genau 5 tage alt, als ich den kater verkaufte. eine tochter aus dem wurf ist mir bis sie 1,5 jahre alt war erhalten geblieben, dann hat meine schwester sie mir abgeschwatzt ;-)
und diese tochter legte so viele gleiche verhaltensweisen an den tag wie ihr vater, das wir ganz oft den kopf schüttelten. beispielsweise saß der kater gerne wie ein mensch auf der couch, richtig auf seinen 4 buchstaben. oder er lag auf dem rücken und streckte die hinterbeine ganz weit von sich. das tat die kleine auch. die mutter hingegen liegt immer nur in brust- oder seitenlage, nie auf dem rücken. der kater hatte außerdem eine leidenschaft für socken. die hat er aus dem wäschekorb geklaut und im katzenklo verbuddelt. seine tochter tat das ebenfalls mit begeisterung! und ihre art zu miauen glich der ihres vaters so sehr, das ich manches mal dachte, der kater bettelt nach futter und nicht seine tochter.
da die kleine ihren vater niemals richtig kennengelernt hat, kann sie es sich von ihm nicht abgeschaut haben.

das kleine stehohren wesentlich pfiffiger und aktiver sind als widder oder große rassen liegt ja jedem beobachter auf der hand, der die beiden rassen vergleicht. bei albinos liegt das eigentümliche - ich wüsste nicht, wie ich es gerade besser umschreiben könnte - verhalten ja auch daran, das sie einfach schlechter sehen. die großen rassen haben ja oft einiges an gewicht zu stemmen, da kostet viel bewegung nur unnötig energie. ich habe gelesen und kann mir auch vorstellen dass das ruhigere verhalten der widder wirklich auf die hängenden ohren und die damit zusammenhängende, etwas beeinträchtigte hörfähigkeit zurückzuführen ist.

ob die größe bei dem von dir vorgeschlagenen experiment steigen würde, kann ich mir nicht vorstellen. denn wenn man nicht nur typzwerge verpaart, welche ja im zwergenwuchs spalterbig sind sondern es so hält wie ich (meine "zwerge" wiegen im schnitt gute 1500 bis in ausnahmefällen 2000 gramm, ein rammler ist dabei mit niedlichen 900 gramm), dann hat man immer eine gewisse mittelgröße. es sei denn, auch diese "größeren zwerge" besitzen eine spalterbigkeit, von der ich bis dato noch nichts weiß - belehrungen sind immer gerne gesehen!

mich würde ein solches experiment auch sehr reizen. ich gebe mir größte mühe, keine extremen angsthasen oder aggressive tiere zu verpaaren. das war wie beschrieben ein test, denn ich wollte herausfinden wie es sich mit der festigung des charakters über die gene verhält. ich werde aus beiden würfen tiere behalten und sie weiter beobachten. im regelfall sind meine zwerge sehr lieb, mehr oder weniger anhänglich. egal ob farbenzwerg, löwenkopf, zwergwidder, rexwidder (wobei die wirklich sehr schmusig sind), satinwidder etc...

lg
pfote
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Smokey-gast

Re: Zuchtziel Zahmheit

Beitrag von Smokey-gast »

Hallo,

ich hab jetzt ehrlich gesagt nicht alles gelesen, nur ein Tipp zum Thema:
recherchiert mal unter "Epigenetik". Da gibt es interessante Experimente. Das könnte auch einiges "klären" bzgl. Zahmheit.
lg
Xaya
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Re: Zuchtziel Zahmheit

Beitrag von Xaya »

Es gibt neue Forschung zum Thema. Anscheinend würde dies auch einen Hinweis geben, warum Widder zahmer sind als Stehohren.

http://theconversation.com/why-so-many- ... ears-29141
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reh
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Re: Zuchtziel Zahmheit

Beitrag von reh »

Dasist das paper, auf dem auch das "Haustier-Rätsel" basiert ;-)
mit freundlichen Grüßen
reh

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