Zitzenanzahl

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reh
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Zitzenanzahl

Beitrag von reh »

Weiß jemand wie stark oder in welchem Rahmen sich die Zitzenanzahl vererbt?

Von 8 auf 10 schien mir normal, jetzt hat eine meiner Häsinnen 10, ihre Mutter hatte aber nur 6, das überrascht mich etwas (ist aber gut so, bei 13 Jungen). Beim Vater weiß ichs nicht.

Ist das üblich oder eher unüblich?

Zählt ihr die Zitzen, oder nicht?
mit freundlichen Grüßen
reh

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Gast

Beitrag von Gast »

Guten Tag! :wink:

Ich habe früher immer schön brav die Zitzen meiner Häsinnen gezählt, habe sogar die Rammler kontrolliert, habe alles brav notiert und im Herbst bzw. Frühwinter bei der Zuchtauswahl berücksichtigt. Damit aufgehört habe ich, als ich im "Das große Buch vom Kaninchen" (1. Auflage) das erste Mal über die Heritabilität, den Erblichkeitsgrad für ausgewählte Leistungseigenschaften bei Kaninchen las. Da stand doch glatt unter geringer Heritabilität (0,01 < h2 < 0,20) "Fruchtbarkeit und Säugeleistung". In der 3. Auflage steht es übrigens auch.

h2 ist der Heritabilitätskoeffizient, der einen Wert zwischen 0 und 1 annehmen kann. Folglich bedeutet ein hohes h2, dass der genetische Anteil an der Merkmalsbildung groß ist und man relativ zuverlässig von der Leistung auf den Genotyp schließen kann. Ist h2 hingegen niedrig - siehe oben - ist der Umwelteinfluss beträchtlich.

Wenn ich das jetzt auf die Säugeleistung der Häsin umlege, dann bringt eine Auswahl aufgrund der Leistung einzelner Tiere nichts. Geeigneter erscheint eine Berücksichtigung der Leistungen der Geschwister bzw. der Familie. Eine Verbesserung der Leistungen mit niedrigem Erblichkeitsgrad tritt auch ein, wenn es gelingt die Umweltbedingungen zu verbessern.

"Die Zahl der Zitzen beträgt in der Regel 8, seltener 10 und maximal bis zu 12. Durch die Auswahl von Zuchthäsinnen und -rammlern mit hoher Zitzenzahl lässt sich diese bei den Nachkommen relativ leicht erhöhen." W. Schlolaut, "Das große Buch vom Kaninchen", 2003 (Seite 190).

Außerdem steht auf der selben Seite: "Die Aufzuchtverluste erhöhen sich mit zunehmender Wurfstärke, insbesondere, wenn diese die Zahl der Zitzen übersteigt." Klingt logisch.

Also - jetzt habe ich eine Häsin mit sage und schreibe 12 Zitzen und 8 Jungen im Nest. Da kann ja nichts mehr schiefgehen! Denkste!!!! (1) Es ist zu kalt, Nest mit zu geringer Wärmespeicherung, Junge am nächsten Tag tot (2) 12 Zitzen, aber nur bei Sechsen ist der "Kanal" offen, nach 2 - 3 Tagen sind einige Junge tot (3) 12 Zitzen, aber keine Milch, Junge tot (4) 12 Zitzen, 8 Junge und trotzdem sind nach 10 Tagen alle tot, die 0.1 ist nämlich "hitzig" geworden (5) 12 Zitzen, aber die Milch "schießt" erst am 2. oder 3. Tag ein, bis dahin sind auch schon einige Junge gestorben (6) usw. usw. usw.

Die Sache scheint doch ein bißchen komplexer zu sein als man denkt. Ich bin daher dazu übergegangen Häsinnen "auszuprobieren". Ich setze zur Zucht 8 Althäsinnen und 8 Junghäsinnen ein. Die Junghäsinnen stammen alle von Müttern ab, die bei Wurf und Aufzucht keine bis geringe Probleme hatten. Alle bekommen drei Chancen. Die 0.1, die auch beim dritten Mal versagen, haben verloren. Davon betroffen sind im Schnitt 3 Häsinnen. Beim Rest der Häsinnen entscheidet die Qualität der Jungtiere, ob sie ins nächste Jahr übernommen werden. Wenn es einmal klappt, setze ich Häsinnen 4 und mehr Jahre ein. Um Aufzuchtverluste zu vermeiden, werden bis zu 6 Häsinnen am selben Tag gedeckt. Eine ausreichende Anzahl von Rammlern habe ich zur Verfügung. Sollte es Probleme geben, wird untergelegt.

Mit freundlichen Grüssen

Gast
Karl Schwab
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Beitrag von Karl Schwab »

Hallo,

die Anzahl der Zitzen halte ich nicht immer im Zuchtbuch fest. Ich bin nämlich wie der vorhergehende Gast der Meinung, daß nur die Leistung zählt und die ist nicht unbedingt von der Anzahl der Zitzen abhängig.

Die ausgewählten Häsinnen erhalten bei mir je nach Anzahl der freien Boxen mind. zwei, besser drei Chancen zur Jungtieraufzucht. Die Aufzuchtleistung ist aber durch konsequente Auslese nach meiner Meinung zu steigern. Allerdings meine ich, daß diese Leistung nicht immer mit dem Zuchtziel des Standards gut zu vereinbaren ist. So glaube ich, kann es aber nicht durch Aufschriebe beweisen, daß Häsinnen mit großem Rahmen und auch einer ausgeprägten Wamme, die besseren Aufzuchtleistungen erbringen, als die von mir bevorzugten sportlichen Typen (bei meinen Braunloh).

In den Anfängen meiner Zucht hatte ich drei Jahre R. Schecken. Da gab es Häsinnen, die jedesmal problemlos ihre 12 - 13 Jungen großgezogen hatten. Damals habe ich allerdings noch nicht auf die Anzahl der Zitzen geachtet. Bei den jetzigen Braunloh hatte ich noch nie eine Häsin mit 12 Zitzen, jedoch schon einige mal welche mit 6.

Mein Fazit:
Die Anzahl der Zitzen sagt nichts darüber aus, wieviel Junge eine Häsin aufziehen kann.
Eine Häsin mit hoher Milchleistung kann einige Jungen mehr großziehen, als sie Zitzen hat.

Freundliche Grüße
Karl Schwab
Samthase
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Beitrag von Samthase »

Ich suche auch nach der Leistung und nicht mehr nach der Zitzen zahl aus.

Ich bin von der Rammlerverliebtheit auch weggekommen und sage mir heute: eine starke Stammmutter bringt dich weiter. Ich habe eine Häsin, deren Töchter gut waren. Zurückgekreuzt mit einem Sohn, bekam ich Spitzentöchter etc. Mittlerweile stammen alle meine Klein Rex Tricolor von dieser Häsin irgendwie ab - näher oder entfernter. Alle Tiere bestechen durch Perfektion in Körperform, Fell, Charakter und Jungtieraufzucht, sowie Fruchtbarkeit. Ich gehe auch von den "alle guten Dinge sind drei" aus.

@Karl Schwab,

ich bin ganz deiner Meinung. Habe 2 Junghäsinnen mit 6 Zitzen, welche fette 8 Junge aufziehen. Häsinnen warfen mit 5 1/2 monaten 8er Würfe. Spitze! Werde ich wohl wieder einsetzen.
Mini Rex,
die echten Samthasen!
http://www.samthasekleinrex.homestead.com
Karl Schwab
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Beitrag von Karl Schwab »

Hallo Samthase,

sicher wird die Erbmasse eines Vatertieres häufiger zum Einsatz kommen als die der Mütter. Doch bin ich auch Deiner Meinung, daß letztendlich eine gute "Mutterherde" für das weiterkommen in der Zucht noch wichtiger ist, weil auch der gesamte Anteil mütterlicher Erbmasse in einem Individum, der vererbt wird, die 50 % Marke einiges übersteigt.

Weißt Du wie alt diese Erkenntnis ist? Schon Mohammed hat dies erkannt und in seiner verbürgt guten Pferdezucht zur Perfektion angewandt.

Viele Grüße
Karl
NiceDay
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Beitrag von NiceDay »

Guten Tag! :-)

Damals wird man wohl noch nicht von cytoplasmatischer Vererbung gesprochen haben! DNS ist nicht nur im Zellkern, sondern insbesondere auch in den Mitochondrien - "kleine Körperchen im Cytoplasma", die der Energieproduktion dienen ("Kraftwerke") - enthalten. Der genetische Code eines Mitochondriums unterscheidet sich nur geringfügig von jenem des Zellkerns. Die DNS verdoppelt sich ähnlich und enthält Gene, die transkribiert ("umgeschrieben") und in Proteine translatiert ("übersetzt") werden.

Die in der cytoplasmatischen DNS verankerte genetische Information wird vielfach eher von der Mutter als vom Vater vererbt. Das ist durch den Umstand begründet, dass die Samenzelle meist weniger Cytoplasma enthält als die Eizelle. Beim Menschen werden die von der cytoplasmatischen DNS codierten Eigenschaften ausschließlich von der Mutter weitergegeben. Die cytoplasmatische Vererbung folgt übrigens nicht den Mendelschen Gesetzen (Regeln).

Karls Meinung, die Erbmasse eines Vatertieres komme häufiger zum Einsatz als die der Mutter, kann ich bestätigen. Aus diesem Grund setze ich auch nur Rammler ein, die (a) aus meiner Zucht stammen und (b) deren Vorfahren sich in den letzten Jahren mehr als einmal bestätigt haben. Bei Häsinnen bin ich großzügiger. Da darf es auch einmal eine fremde sein.

Mit freundlichen Grüssen

NiceDay ;-)
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reh
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Beitrag von reh »

Das die Milchleistung nicht ausschließlich von der Zitzenanzahl abhängt ist mir schon klar, aber wenn ich so lese, warum eine Zitze so alles keine Milch gibt, ist es dann nicht doch besser, lieber ein paar mehr zu haben? Die oberen Zitzen geben weniger Milch, aber da ein Kaninchen kein Schweinchenn mit Stammzitze ist, ist das vielleicht nicht so schlimm.

Bei Würfen von 6-8 Jungen ist es sicher egal, ob die Häsin 6 oder 8 Zitzen hat, aber bei 13?
Wer da 2x nichts bekommen hat ist (ohne Eingreifen des Züchters) so gut wie tot.

Das mit der Vererbung außerhalb des Zellkerns/der Chromosomen finde ich sehr interessant, wusste ich nicht.
mit freundlichen Grüßen
reh

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