von NiceDay » 1. Okt 2004 10:36
Hallo!
Bei der Frage, mit welchem Ergebnis bei der Verpaarung eines Angehörigen der Rasse „Graue Wiener“ mit einem Tier der Rasse „Blauer Wiener“ zu rechnen ist, sind nachstehende Einschränkungen zu beachten:
(1) Die im Experiment zum Einsatz kommenden Tiere stammen aus reinen Linien. Es muss sich sowohl beim Grauen als auch beim Blauen Wiener um ein homozygotes (reinerbiges) Kaninchen handeln. Alle Nachkommengenerationen dürfen bestimmte Merkmale - die „blaue“ bzw. graue Fellfarbe – stets nur in ein und derselben Ausprägungsform aufweisen, um sicherzustellen, dass neue Merkmalskombinationen in den Tochtergenerationen ausschließlich ein Resultat der Kreuzungsbedingungen sind.
(2) Beim gegenständlichen Beispiel handelt es sich um eine reziproke (= wechselseitige) Kreuzung. Ob Angehörige einer bestimmten Rasse, einer bestimmten genetischen Konstitution, einmal als weiblicher Partner, das andere Mal als männlicher Partner fungieren, ist nebensächlich. Ob der „Blaue Wiener“ als weiblicher Partner und der „Graue Wiener“ als männlicher Partner bzw. umgekehrt fungieren, ist ohne Bedeutung. Ob der Samenspender oder –empfänger die dominanten Merkmale trägt spielt keine Rolle.
(3) Die von Vater und Mutter erworbenen Eigenschaften des jeweiligen Tieres sind ident. Die im Versuch zu verwendeten Elterntiere stimmen bezüglich der Erbanlagen A, B und C überein, unterscheiden sich jedoch in den Allelen der Gene D und G. Während die Erbfaktoren für die maximale Pigmenteinlagerung (D) sowie die Bänderung des Haares bzw. die Wildfarbigkeitszeichen (G) beim „Grauen Wiener“ dominant in Erscheinung treten, fehlen diese beim „Blauen Wiener“. Die Mutation von D zu d führt zu einer verdünnten Einlagerung der Melanine, wobei sowohl Eu- als auch Phäomelanin betroffen sind. Die Mutation von G zu g ist wiederum für eine gleichmäßige Verteilung der Pigmente durch das Haar verantwortlich. Die Kombination der rezessiven Faktoren d und g verursacht ein einheitlich blau gefärbtes Tier.
Ausgangspaarung: ABCDG (Grauer Wiener) x ABCdg (Blauer Wiener)
Während die „gewöhnlichen“ (somatischen) Zellen der betreffenden Kaninchen jeweils zwei Ausführungen des Merkmals besitzen, enthalten die Keimzellen (Ei- und Samenzellen = Gameten) nur eine der beiden Ausführungen. Bei der Entwicklung der Keimzelle werden die beiden Merkmalsausprägungen auf verschiedene Zellen verteilt. Bei der Befruchtung verschmelzen Eizelle (= mütterliche Keimzelle) und Samenzelle (= väterliche Keimzelle) zur Zygote und es entsteht abermals eine Zelle mit zwei Ausprägungen eines Merkmals.
Da sich Grauer und Blauer Wiener bezüglich der Faktoren A, B und C nicht unterscheiden werden die jeweiligen Erbformeln in vereinfachter Darstellung wiedergegeben:
Körperzellen (diploid, zweifach): DDGG (Grauer Wiener) x ddgg (Blauer Wiener)
Keimzellen (haploid, einfach): DG (Grauer Wiener) x dg (Blauer Wiener)
Die erste Tochtergeneration (1. Filialgeneration, F1-Generation) ist in allen Merkmalen heterozygot (spalterbig), in denen sich die Eltern unterscheiden (DG – Grauer Wiener/dg – Blauer Wiener). Bei Reinerbigkeit der Ausgangstiere treten die dominanten Gene D und G in Erscheinung, die rezessiven Gene d und g bleiben äußerlich unbemerkt. In einem Kombinationsschema können in den äußeren waagrechten und senkrechten Positionen alle möglichen genetischen Konstitutionen der väterlichen und mütterlichen Keimzellen eingetragen werden. In den inneren Feldern des Vierecks ergeben sich aus den Kombinationen der weiblichen und männlichen Gameten die genetischen Konstitutionen der Nachkommen. Das Kombinationsschema erspare ich mir. Wenn gewünscht, kann ich es später noch angeben.
"Körperzellen" der F1-Generation, diploid: DdGg
Keimzellen der F1-Generation, haploid: DG/Dg/dg/dG
Nochmals zur Erinnerung, D ist dominant gegenüber d; G ist dominant gegenüber g. Es tritt stets nur das dominante Merkmal in Erscheinung, während das rezessive nicht sichtbar ist. Die Nachkommen der ersten Tochtergeneration weisen aufgrund der Dominanzverhältnisse nicht nur das gleiche Erscheinungsbild auf, nämlich wildfarbig, sondern sind auch in Bezug auf Phänotyp und Genotyp identisch. Dieser Umstand ist als 1. Mendelsche Regel bzw. als Uniformitäts- oder Reziprokitätsregel bekannt. Im Anschluß werden die Tiere der 1. Tochtergeneration (F1-Generation), die sich bezüglich des Phänotyps kaum vom Grauen Wiener unterscheiden, miteinander verpaart.
Die Kreuzung der heterozygoten Nachkommen (F1-Generation) der zwei reinrassigen Elternlinien untereinander führt zu einer Aufspaltung der Phänotypen nach genau definierten Häufigkeiten. Dieser Umstand ist als 2. Mendelsche Regel bzw. Spaltungsregel bekannt. Da sich die Ausgangstiere des Kreuzungsexperiments in zwei Merkmalen unterscheiden (D und G – Grauer Wiener/d und g – Blauer Wiener, dihybrider Erbgang), ist in der 2. Tochtergeneration im Idealfall in Bezug auf den Phänotyp ein Verhältnis von 9:3:3:1 zu erwarten. Die Merkmale werden im Prinzip unabhängig voneinander und unabhängig von den Allelen anderer Gene auf die Nachkommen übertragen werden. Die Merkmalsformen können in allen denkbaren Kombinationen auftreten, wenn eine ausreichende Anzahl von Befruchtungen vorliegt. Dieser Befund wird allgemein als 3. Mendelsche Regel oder als Prinzip der unabhängigen Segregation von Merkmalen bezeichnet.
Das für eine Kreuzung von Elterntieren, die sich in zwei Merkmalen unterscheiden, charakteristische Zahlenverhältnis der Phänotypen von 9:3:3:1 läßt sich wie folgt ableiten.
(1) Neun Tiere zeigen den wildfarbigen Phänotyp. Davon sind acht Tiere spalterbig (= heterozygot) in D oder G bzw. in beiden Merkmalen. Ein Tier ist reinerbig (= homozygot) wildfarbig (ABCDG).
(2) Drei Tiere sind schwarz. Davon sind zwei Tiere spalterbig in D. Wiederum ist eines der Tiere reinerbig (ABCDg).
(3) Drei Tiere sind blaugrau. Zwei Tiere sind bezüglich des Faktors G spalterbig, ein Tier ist reinerbig (ABCdG).
(4) Ein Tier ist reinerbig blau (ABCdg). Das ist auch das einzige Tier, bei dem man sich eine Reinerbigkeitsprüfung ersparen kann.
Die Verteilung läßt sich wiederum in einem Kombinationsschema darstellen, wobei die reinerbigen Tiere sich in der Diagonale von links oben nach rechts unten befinden.
Die ursprünglichen Merkmale werden in der 2. Tochtergeneration wieder sichtbar. Allerdings treten sie nicht mit gleicher Häufigkeit auf. Durch Kombination sind weitere Phäno- bzw. Genotypen – Schwarzer Wiener, Blaugrauer Wiener – entstanden.
Bezüglich der Reinerbigkeit ergibt sich das Problem, dass nur eines der drei blaugrauen Tiere reinerbig ist. Blaugraue Tiere müssen ausgetestet werden. Geschieht das nicht, passiert das von Conny oben beschriebene.
Der hier beschriebene Weg ist bekannt. Bei der Nachzüchtung des Blaugrauen Wieners wurde in dieser Art und Weise vorgegangen (Wortmann, Jakubek (oder so ähnlich), irgendwann in den 90ern im DKZ, Literaturhinweis kann ich ausheben). Gleiche Ergebnisse sind z.B. bei der Verpaarung eines Castor-Rex mit einem Blau-Rex bzw. eines Zwergwidders grau mit einem Zwergwidder blau zu erwarten.
Die Erbformeln berücksichtigen nicht die Eigenheiten, die mit der Felldichte, der Felllänge, der Breite der Zwischenfarbe und der Verteilung und Anzahl bzw. Länge der Grannen ("blau"wildgrau, "blau"dunkelgrau, "blau"hasengrau) zusammenhängen. Deshalb sieht das Perlfeh-Kaninchen (Perlung) auch etwas anders aus als der Blaugraue Wiener (flockige Schattierung). Blauwildfarbig sind beide.
Nicht berücksichtigt wurden in diesem Beispiel die in den letzten Jahren beim Grauen Wienern vermehrt in Erscheinung tretenden Gelb- bzw. Rotverstärker.
Mit freundlichen Grüßen
NiceDay
Hallo!
Bei der Frage, mit welchem Ergebnis bei der Verpaarung eines Angehörigen der Rasse „Graue Wiener“ mit einem Tier der Rasse „Blauer Wiener“ zu rechnen ist, sind nachstehende Einschränkungen zu beachten:
(1) Die im Experiment zum Einsatz kommenden Tiere stammen aus reinen Linien. Es muss sich sowohl beim Grauen als auch beim Blauen Wiener um ein homozygotes (reinerbiges) Kaninchen handeln. Alle Nachkommengenerationen dürfen bestimmte Merkmale - die „blaue“ bzw. graue Fellfarbe – stets nur in ein und derselben Ausprägungsform aufweisen, um sicherzustellen, dass neue Merkmalskombinationen in den Tochtergenerationen ausschließlich ein Resultat der Kreuzungsbedingungen sind.
(2) Beim gegenständlichen Beispiel handelt es sich um eine reziproke (= wechselseitige) Kreuzung. Ob Angehörige einer bestimmten Rasse, einer bestimmten genetischen Konstitution, einmal als weiblicher Partner, das andere Mal als männlicher Partner fungieren, ist nebensächlich. Ob der „Blaue Wiener“ als weiblicher Partner und der „Graue Wiener“ als männlicher Partner bzw. umgekehrt fungieren, ist ohne Bedeutung. Ob der Samenspender oder –empfänger die dominanten Merkmale trägt spielt keine Rolle.
(3) Die von Vater und Mutter erworbenen Eigenschaften des jeweiligen Tieres sind ident. Die im Versuch zu verwendeten Elterntiere stimmen bezüglich der Erbanlagen A, B und C überein, unterscheiden sich jedoch in den Allelen der Gene D und G. Während die Erbfaktoren für die maximale Pigmenteinlagerung (D) sowie die Bänderung des Haares bzw. die Wildfarbigkeitszeichen (G) beim „Grauen Wiener“ dominant in Erscheinung treten, fehlen diese beim „Blauen Wiener“. Die Mutation von D zu d führt zu einer verdünnten Einlagerung der Melanine, wobei sowohl Eu- als auch Phäomelanin betroffen sind. Die Mutation von G zu g ist wiederum für eine gleichmäßige Verteilung der Pigmente durch das Haar verantwortlich. Die Kombination der rezessiven Faktoren d und g verursacht ein einheitlich blau gefärbtes Tier.
Ausgangspaarung: ABCDG (Grauer Wiener) x ABCdg (Blauer Wiener)
Während die „gewöhnlichen“ (somatischen) Zellen der betreffenden Kaninchen jeweils zwei Ausführungen des Merkmals besitzen, enthalten die Keimzellen (Ei- und Samenzellen = Gameten) nur eine der beiden Ausführungen. Bei der Entwicklung der Keimzelle werden die beiden Merkmalsausprägungen auf verschiedene Zellen verteilt. Bei der Befruchtung verschmelzen Eizelle (= mütterliche Keimzelle) und Samenzelle (= väterliche Keimzelle) zur Zygote und es entsteht abermals eine Zelle mit zwei Ausprägungen eines Merkmals.
Da sich Grauer und Blauer Wiener bezüglich der Faktoren A, B und C nicht unterscheiden werden die jeweiligen Erbformeln in vereinfachter Darstellung wiedergegeben:
Körperzellen (diploid, zweifach): DDGG (Grauer Wiener) x ddgg (Blauer Wiener)
Keimzellen (haploid, einfach): DG (Grauer Wiener) x dg (Blauer Wiener)
Die erste Tochtergeneration (1. Filialgeneration, F1-Generation) ist in allen Merkmalen heterozygot (spalterbig), in denen sich die Eltern unterscheiden (DG – Grauer Wiener/dg – Blauer Wiener). Bei Reinerbigkeit der Ausgangstiere treten die dominanten Gene D und G in Erscheinung, die rezessiven Gene d und g bleiben äußerlich unbemerkt. In einem Kombinationsschema können in den äußeren waagrechten und senkrechten Positionen alle möglichen genetischen Konstitutionen der väterlichen und mütterlichen Keimzellen eingetragen werden. In den inneren Feldern des Vierecks ergeben sich aus den Kombinationen der weiblichen und männlichen Gameten die genetischen Konstitutionen der Nachkommen. Das Kombinationsschema erspare ich mir. Wenn gewünscht, kann ich es später noch angeben.
"Körperzellen" der F1-Generation, diploid: DdGg
Keimzellen der F1-Generation, haploid: DG/Dg/dg/dG
Nochmals zur Erinnerung, D ist dominant gegenüber d; G ist dominant gegenüber g. Es tritt stets nur das dominante Merkmal in Erscheinung, während das rezessive nicht sichtbar ist. Die Nachkommen der ersten Tochtergeneration weisen aufgrund der Dominanzverhältnisse nicht nur das gleiche Erscheinungsbild auf, nämlich wildfarbig, sondern sind auch in Bezug auf Phänotyp und Genotyp identisch. Dieser Umstand ist als 1. Mendelsche Regel bzw. als Uniformitäts- oder Reziprokitätsregel bekannt. Im Anschluß werden die Tiere der 1. Tochtergeneration (F1-Generation), die sich bezüglich des Phänotyps kaum vom Grauen Wiener unterscheiden, miteinander verpaart.
Die Kreuzung der heterozygoten Nachkommen (F1-Generation) der zwei reinrassigen Elternlinien untereinander führt zu einer Aufspaltung der Phänotypen nach genau definierten Häufigkeiten. Dieser Umstand ist als 2. Mendelsche Regel bzw. Spaltungsregel bekannt. Da sich die Ausgangstiere des Kreuzungsexperiments in zwei Merkmalen unterscheiden (D und G – Grauer Wiener/d und g – Blauer Wiener, dihybrider Erbgang), ist in der 2. Tochtergeneration im Idealfall in Bezug auf den Phänotyp ein Verhältnis von 9:3:3:1 zu erwarten. Die Merkmale werden im Prinzip unabhängig voneinander und unabhängig von den Allelen anderer Gene auf die Nachkommen übertragen werden. Die Merkmalsformen können in allen denkbaren Kombinationen auftreten, wenn eine ausreichende Anzahl von Befruchtungen vorliegt. Dieser Befund wird allgemein als 3. Mendelsche Regel oder als Prinzip der unabhängigen Segregation von Merkmalen bezeichnet.
Das für eine Kreuzung von Elterntieren, die sich in zwei Merkmalen unterscheiden, charakteristische Zahlenverhältnis der Phänotypen von 9:3:3:1 läßt sich wie folgt ableiten.
(1) Neun Tiere zeigen den wildfarbigen Phänotyp. Davon sind acht Tiere spalterbig (= heterozygot) in D oder G bzw. in beiden Merkmalen. Ein Tier ist reinerbig (= homozygot) wildfarbig (ABCDG).
(2) Drei Tiere sind schwarz. Davon sind zwei Tiere spalterbig in D. Wiederum ist eines der Tiere reinerbig (ABCDg).
(3) Drei Tiere sind blaugrau. Zwei Tiere sind bezüglich des Faktors G spalterbig, ein Tier ist reinerbig (ABCdG).
(4) Ein Tier ist reinerbig blau (ABCdg). Das ist auch das einzige Tier, bei dem man sich eine Reinerbigkeitsprüfung ersparen kann.
Die Verteilung läßt sich wiederum in einem Kombinationsschema darstellen, wobei die reinerbigen Tiere sich in der Diagonale von links oben nach rechts unten befinden.
Die ursprünglichen Merkmale werden in der 2. Tochtergeneration wieder sichtbar. Allerdings treten sie nicht mit gleicher Häufigkeit auf. Durch Kombination sind weitere Phäno- bzw. Genotypen – Schwarzer Wiener, Blaugrauer Wiener – entstanden.
Bezüglich der Reinerbigkeit ergibt sich das Problem, dass nur eines der drei blaugrauen Tiere reinerbig ist. Blaugraue Tiere müssen ausgetestet werden. Geschieht das nicht, passiert das von Conny oben beschriebene.
Der hier beschriebene Weg ist bekannt. Bei der Nachzüchtung des Blaugrauen Wieners wurde in dieser Art und Weise vorgegangen (Wortmann, Jakubek (oder so ähnlich), irgendwann in den 90ern im DKZ, Literaturhinweis kann ich ausheben). Gleiche Ergebnisse sind z.B. bei der Verpaarung eines Castor-Rex mit einem Blau-Rex bzw. eines Zwergwidders grau mit einem Zwergwidder blau zu erwarten.
Die Erbformeln berücksichtigen nicht die Eigenheiten, die mit der Felldichte, der Felllänge, der Breite der Zwischenfarbe und der Verteilung und Anzahl bzw. Länge der Grannen ("blau"wildgrau, "blau"dunkelgrau, "blau"hasengrau) zusammenhängen. Deshalb sieht das Perlfeh-Kaninchen (Perlung) auch etwas anders aus als der Blaugraue Wiener (flockige Schattierung). Blauwildfarbig sind beide.
Nicht berücksichtigt wurden in diesem Beispiel die in den letzten Jahren beim Grauen Wienern vermehrt in Erscheinung tretenden Gelb- bzw. Rotverstärker.
Mit freundlichen Grüßen
NiceDay