Hi Nice Day,
sorry, dass die Antwort nun doch etwas länger gedauert hat, mußte aber auch erst mal meine Unterlagen finden und bin gerade beruftlich etwas im Streß ;)
Also vorweg, bei den Mäusen gibt es in Deutschland bisher kaum Veröffentlichungen über genetische Hintergründe. Muß man sich alles aus dem englischen erarbeiten. (Dass da nun ausgerechnet in einer Kaninchenzeitung jemand etwas veröffentlicht was auch auf die Erfahrung mit Mäusen beruht, da muß man ja erst mal drauf kommen *ggg*). Das einzig aussagekräftige war bisher die Internetseite von Andrea Becker (
http://www.farbmaus-rassezucht.de) . Da findet sich einiges über die Genetik und Vererbungslehre bzw. -gänge in bezug auf die Maus . Die Seite wird jedoch im Moment überarbeitet so kommst Du z.Zt. nicht an die Informationen heran.
Nun sie ist jedenfalls so etwas wie mein „Genetikguru“ und ich arbeite züchterisch auch eng mit ihr zusammen, darüber hinaus arbeiten wir zusammen in der Zuchtkommission des DMRM. Da ich mir einiges von ihrere Seite ausgedruckt habe un in meinen Unterlagen gesammelt, werde ich Deine Fragen jetzt mal mit Zitaten beantworten.
Was nun meine Arbeit mit wissenschaftlichen Texten zur Vererbungslehre betrifft, ist mein Vorgehen auch eher angewanter Natur. Ich setze mich dann mit entsprechenden Artikeln oder Hinweisen auseinander, wenn ich züchterisch einem Phänomen begegne, oder davon erfahre und suche dann nach Hinweisen und Theorien ... somit zerbreche ich mir punktuell den Kopf und zwar in Bezug auf meine eigenen Zuchtlinien/-farben bzw. zu Themen die mich interessieren (z.B. Tricolor).
O.K. jetzt zu den aufgekommen Fragen.
Zu d: „lässt die Farbpigmente verklumpen und verdünnt somit Phänomelanin um die Hälfte der Farbtiefe (gelbrot wird cremfarben) und Eumelanin zu Schieferblau; bereits zu Braun verdünntes Schwarz wird zu Graubraun mit Rosastich verdünnt; auch diese Mutation existiert in vielen unterschiedlichen Allelen, von denen fast alle züchterisch bedenklich sind, weil sie neurologische Störungen und/oder MLV (durch Retrovirus verursachte Leukämie) hervorbringen können; weiterhin besteht eine sehr nahe Kopplung an einen Locus, der zu kleine Ohren bedingt (Ohrmuschel kaum vorhanden) und ein Locus, der sog. „Tanzmäuse“ erzeugt, ist in der selben Region auf Chromosom 9 angeseidelt“ (A. Becker 2004)
Ich nehme an, die Aussagen sind zum großen Teil aus Informationene vom Jackson Institut abgeleitet.
In der züchterischen Arbeit konnten soweit ich weiß, bisher weder der Punkt mit der Leukämie, noch der Punkt mit dem „Ohrproblem“ bestätigt werden (Tanzmäuse hatten wir in der Rassezucht natürlich auch nicht ...) ... aber man beobachtet das und ist wachsam.
Die Veränderung von Rot zu creme war bisher eine Erklärung für eine schlechtere „Lohe“ bei den Mäusen (und Du hast recht ln wird in Finnland für Silver , also die pp Form eingesetzt, in England hält man von ln Anstand und bevorzugt d ... warum weiß ich nicht ... ist mir zu spezifisch, ich züchte ja kein blau ;) )
ln selber ist von uns kaum erforscht, es ist hier und da sporadisch aufgetaucht, aber keiner hat es gezielt bewahrt bisher. Eine zeitlang wollten wir es als Alternative für d halten, falls es wirklich zu den beschriebenen Störungen kommt, da aber nichts aufgetaucht ist, ist das vorerst untergegangen.
Zu Avy: ist homozygot lebensfähig .... die Tiere neigen jedoch genau wie bei Ay zu Fettleibigkeit ... (siehe A.Becker ebd.)
Das Gen ist bisher in Deutschland nicht gezielt gehalten (bzw. weiß ich nicht mal ob es bereits aufgetaucht ist), weil der Faktor der Fettleibigkeit den Zuchtwunsch ausschließt. Somit haben wir lange auf e gewartet und nun ist es da ;) .... aber in den Babyschuhen ...
Zu den Agoutis:
Es gibt eine Aw Form (white bellied Agouti). Das Gen ist Dominant und bewirkt im Unterschied zu Aa(t) einen cremfarbenen (evtl. leich orange ausgefärbten) Bauch. Dieser Typ ist der klassischen Hausmaus am ähnlichsten. A selbst (für Golden Agouti) ist somit schon eine veränderte Form. Tiere mit AA haben nie einen „gezeichneten“ Bauch, das geht nur über Aw bzw. Aa(t). (Allerdings ziehe ich diese Farbe selber und habe gerade Mäuse aus Schweden eingekreuzt (AA) und da auch einen seltsamen Effekt in Bezug auf die Bauchausfärbung festgestellt, der Bauch ist deutlich roter als normal, hat aber keine klare Abgenzung wie die anderen beiden Formen. Nach der Beschreibung ist das etwas was mich an die Agoutiformen der Meerschweinchen erinnert ... habe die aber noch nicht live gesehen ... muß ich erst mal schauen). Vielleicht ist es aber auch nur eine besonders tiefe Pigmentierung oder ein Verstärker ... .
Zu den Schecken: Piebald ist bei den Mäusen nicht lethal.
Einige der von Dir aufgeführten Gene sind mir nicht bekannt (was nicht unbedingt etwas zu sagen hat, da ich mich fast nur mit den in Deutschland „gängigen“ Genen beschäftige).
Auf meiner Seite findest Du eine Genetiktabelle, da sind im unteren Teil die Schecken aufgeführt und ggf. damit verbundene Dispositionen etc. . Wenn Dich das weiter interessiert findest Du das unter:
http://www.trinitys-mind.de ... klicke dort auf Inhalt und dann den Punkt Gentabelle an.
Zu den Tricolour:
Tja, da gibt es bei den Mäusen nichts außer Vermutungen. In „Exhiobition an Pet Mice“ von Tony Cooke wird Tricolour als „Eldorado der Mäusezucht“ beschrieben. (England 1977).
Vielfach galt Ticolor sogar als Mythos, aber es gibt sie, ich hatte schon eine auf der Hand und in England gibt es inzwischen auch wieder eine Zuchtlinie.
In der o.g. Literatur wird beschrieben, dass 1934 in England eine Tricolor Maus ausgestellt wurde (und Champion wurde) die eine in Feldern/Platten angelegte dreifarbige Farbfeldverteilung hatte (also ähnlich Eurem Japaner ;) ). So etwas habe ich allerdings noch nie gesehen, weder Live nich auf einem Foto ... Darüber hinaus gibt es in den USA ein Phänomen „Harlekinmaus“ wo eine ähnliche Farbverteilung in schwarz/weiß vorliegt. Könnte also meiner Meinung nach sein, dass dies an ein ähnliches Gen gebunden ist wie bei Euch die Japaner und Rhönkaninchen. Aber bei den Mäusen ist über genetische Hinetrgründe nichts bekannt (daher suche ich ja hier nach Hinweisen ;) ).
Eine andere Vermutung ist, dass es wie bei den Meerschweinchen über e(p) läuft. Aber da ja das e sogar noch neu in Deutschland ist, wird wohl so schnell kein e(p) auftauchen .... bzw. haben wir leider auch keine Tricolor Maus hier um das in der Paxis zu testen ...
So, das war`s ... reicht ja auch dicke an Text.
Ich würde mich freuen, wenn ich noch ein paar Hinweise zu „Eurem“ bj bekäme .... vielleicht ein eingescannter Artikel aus einer Kaninchenzeitschrift, vielleicht kann ich damit weiterkommen ;)
LG
Nicole
P.S.: Was machst Du denn eigentlich beruflich ? Interessiert mich natürlich wenn es mit Mäusen und Genetik zu tun hat !