Immer wieder diese Fremdwörter - Einführung in die Thematik

Beschreibung: Die Grundlagen der Erblehre und die mendelschen Regeln

Kategorie: Farben, Genetik, Vererbung & Co.

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Autoren: reh und NiceDay, copyright http://www.kaninchenwissen.de

Immer wieder diese Fremdwörter - Einführung in die Thematik


Ich mußsse im Lauf der Jahre in Gesprächen mit Züchtern, die vor allem Fragen der Vererbung zum Inhalt hatten, mit Bedauern feststellen, dass dieser Themenbereich oft auf Unverständnis, mangelndes Interesse oder mehr oder weniger starke Ablehnung stößt. Die Erblehre (Genetik) wurde als graue Theorie ohne Bezug zur Praxis bezeichnet und einige behaupteten sogar, es wäre blanker Unsinn.
Antworten wie Das ist viel zu kompliziert! oder Das interessiert mich nicht, wer braucht das schon? waren gang und gäbe. Einzelne vertraten die Meinung, dass ihre Kaninchenzucht auch ohne Kenntnis der Fellfaktoren und dergleichen existieren könne. Außerdem sei die Materie sowohl in Büchern als auch in Fachzeitschriften derart komplex und undurchschaubar aufbereitet, dass man schon nach den ersten Zeilen nicht nur den Überblick, sondern auch Lust und Laune verliere. Der übermäßige Gebrauch von Fremdwörtern und deren fehlende Übersetzung bzw. Erklärung stelle ein weiteres Problem dar.
Aber auch wir Züchter betiteln Kaninchen beiderlei Geschlechts nicht mit Männchen oder Weibchen, sondern wählen die Begriffe "Rammler" und "Häsin", bezeichnen Vorder- und Hinterbeine als Läufe und nennen das lustig anzusehende Anhängsel am hinteren Ende des Rumpfes Blume und nicht Schwänzchen. Eine Person, die Kaninchen nur vom Hörensagen kennt, wird mit diesen Begriffen nichts anfangen können und du wirst einsehen müssen, dass Fachausdrücke ihre Tücken haben und nicht zum allgemeinen Sprachverständnis beitragen. Die angeführten Fachwörter sind meist griechischen oder lateinischen Ursprungs. Bei Kenntnis der deutschen Übersetzung lässt sich die Bedeutung bzw. die Anwendung des entsprechenden Ausdrucks zum Teil aus dem Wort selbst ableiten.

Hier gibt es dafür die Fachwortfunktion, zu erkennen an den kursiven unterstrichelten Worten, deren Bedeutung im Tooltip steht.

Meist läuft die Zucht reibungslos. Die täglich zu verrichtenden Arbeiten werden routinemäßig erledigt und größere Überraschungen treten kaum auf. Umso größer sind jedoch die Verwirrung und das Dilemma, wenn sich die ersten Schwierigkeiten abzeichnen. Plötzlich erblickt bei der Grauen Wiener-Häsin trotz eines Grauen Wiener-Papas ein schwarzes Jungtier das Licht der Welt, aus dem Nest der Riesenschecken-Häsin in schwarz-weiß blinzelt dem Züchter unvermutet ein entzückendes, aber leider blau-weißes Kaninchenbaby entgegen, eines der sich prächtig entwickelnden Jungen der grauen Widderhäsin entpuppt sich als flauschiges Wollknäuel und die geliebten Alaskakaninchen sehen auf Grund ihres stark weiß durchsetzten Fellkleides eher wie Kleinsilber schwarz aus.

Nun ist der Erklärungsbedarf groß. Wie konnte das bloß passieren? Wer ist der Missetäter? Alle möglichen Theorien werden in Betracht gezogen - sind sie auch noch so verrückt - und nach langem Hin und Her wieder verworfen. Zuchtfreunde werden zu Rate gezogen und letztendlich auch die Fachliteratur durchkämmt.

Zucht:
Eine vom Menschen geplante und gelenkte Festigung, Verstärkung oder Neukombination von Eigenschaften mit bestimmten Zielen in der nächsten Generation


Das hätte man schon früher machen können, aber warum soll man sich bereits heute den Kopf über die Probleme von morgen zerbrechen. Irgendwann kommt man dann zum Schluß, dass ein findiger Bursche, einer von der experimentierfreudigen Sorte, den Begriff der Zucht gründlich mißverstanden und ohne die möglichen Folgen zu bedenken, willkürlich eine Kreuzung verschiedener Rassen vorgenommen hat. Abgesehen davon, dass dies einer Genehmigung bedarf und beim hohen Entwicklungsstandard mancher Rassen kaum Sinn macht, hat der gute Freund, ob wissentlich oder nicht, seine Kreuzungsprodukte auch noch weitergegeben.

Es wird immer wieder Züchter geben, die das tägliche Einerlei der Zucht langweilig finden und mittels kleiner Experimente versuchen, ihren Wissensdurst zu befriedigen. Gegen ein gewisses Maß an Neugier ist nichts einzuwenden, doch müssen dabei einige Aspekte berücksichtigt werden:
  • Versuche, die Tiere so rein wie möglich zu züchten. Wenn du ein bestimmtes Merkmal in deinem Stamm unbedingt verbessern willst und beabsichtigst, eine Kreuzung vorzunehmen, verzichte bitte auf rassefremde Tiere. Ersetze nicht ein Übel durch ein anderes. Suche nach Tieren gleicher Rasse, die das gewünschte Merkmal in optimaler Form aufweisen. Verschone dich und andere mit einem Sammelsurium, welches es nicht verdient, mit dem Begriff "Rasse" bezeichnet zu werden.
  • Überlege, bevor du zur Tat schreitest. Plane etwaige Kreuzungsexperimente. Versuche mit Hilfe der Mendelschen Regeln, deren Anwendung nachfolgend in einem Beispiel erklärt wird, „sichere“ Voraussagen zu den betreffenden Merkmalen der Nachkommen zu treffen.
  • Trenne Zuchtstamm und "Versuchsstamm" strikt voneinander und führen nach Beendigung des Experiments die nicht mehr benötigten Tiere dem Kochtopf oder Heimtierhaltern zu.
  • Berücksichtige, dass die Tiere, auch wenn sie dreimal aussehen, als ob sie reinerbig wären, verdeckt unerwünschte Erbanlagen tragen können. Das Unerfreuliche ist eben, dass man es ihnen meist nicht ansieht.

Genotyp und Phänotyp

Als Genotyp wird die Summe aller erblichen Eigenschaften eines Organismus bzw. die genetische Struktur in Bezug auf ein bestimmtes Allel bezeichnet. Der Genotyp stellt die Gesamtheit der Gene eines Individuums dar, welche im Zellkern enthalten sind. Das Wort Gen (griech. genes = hervorbringend, zeugend) wird in der Bedeutung von Erbfaktor, Erbeinheit oder Erbanlage verwendet. Als Teil des Genoms enthält es die genetische Information für Produkte, bei denen es sich meist um Proteine (Eiweiße) handelt. Als Genom wird der einfache (haploide) Chromosomensatz bezeichnet. Dieser umfaßt im Falle des Kaninchens 22 Chromosomen.

Als Phänotyp wird eine genetisch kontrollierte Eigenschaft bzw. das gesamte Erscheinungsbild eines Individuums zu einem bestimmten Zeitpunkt seiner Entwicklung bezeichnet, welches durch das komplexe Zusammenspiel von Genotyp und Umwelt entsteht.

Der Genotyp prägt weitgehend den Phänotyp. Die Bandbreite der Ausprägung bestimmter Eigenschaften bewegt sich in genetisch festgelegten Grenzen, welche durch die Gesamtheit der erblichen Anlagen bestimmt sind. Der Einfluß der Umwelt auf verschiedene Merkmale und Eigenschaften ist recht unterschiedlich. Die größten Effekte treten bei den Leistungseigenschaften wie Vitalität, Fruchtbarkeit, Säuge-, Mast- und Schlachtleistung bzw. Futterverwertung auf. Am geringsten sind sie bei den Körpermerkmalen; besonders bei Merkmalen des Körperbaus, der Fellfarbe bzw. -zeichnung und im Falle der Widerstandsfähigkeit gegenüber Krankheiten.

Mendelsche Theorie der Vererbung

Warum werden bei der Paarung von Tieren gleicher Rasse bestimmte Eigenschaften wie z. B. die Fellfarbe - Reinerbigkeit vorausgesetzt - stets in gleicher Art und Weise an die Nachkommen weitergegeben?

Der Augustinerpater Johann Gregor Mendel (1822 – 1884) gilt als Begründer der Genetik als wissenschaftliche Disziplin. Er konnte durch konsequente Kreuzungsanalysen von Pflanzen mit ausgewählten Merkmalen die Regeln der Vererbung, die der Verteilung und der Wechselwirkung der Gene bei der Weitergabe an die nächste Generation zugrunde liegen, aufklären:
Mendel erkannte, dass die erbliche Information in speziellen Einheiten an die Nachkommen weitergegeben wird und hatte damit die Existenz der Gene entdeckt.

Mendel bewies, dass es für ein Merkmal, d.h. eine genetische Anlage, verschiedene Formen gibt. Diese Formen eines Gens werden als Allele (gr. allelon = zueinandergehörig) bezeichnet. In jedem Lebewesen sind zwei Allele des selben Gens vorhanden. Diese beiden Allele können identisch oder verschieden sein.

Bild

Die im Chromosom nebeneinander angeordneten Erbanlagen - "Gene" - werden durch Ellipsen wiedergegeben und mit Buchstaben bezeichnet. Nicht identische Allele zeigen eine abweichende Farbgebung bzw. Beschriftung. Im Allgemeinen werden Großbuchstaben für dominante, Kleinbuchstaben für rezessive Anlagen verwendet.
Die Abbildung stimmt insofern nicht, dass die Farbgene nicht alle auf dem selben Chromosom und da auch noch nebeneinander liegen, dann wäre es nämlich schwierig mit der unabhängigen Vererbung.


Für jedes Gen gibt es mindestens 2 Allele, es können aber auch mehr sein. Sind die Allele eines Merkmals gleich, nennt man die genetische Veranlagung reinerbig bzw. homozygot (griech. homo- = gleich, gleichartig, -zyg- = Paar). Sind die beiden Allele verschieden, so nennt man die genetische Veranlagung spalterbig bzw. heterozygot (griech. hetero- = anders beschaffen, verschieden).

Sieht man das betreffende Lebewesen an, ist jedoch trotz Vorliegen zweier verschiedener Allele meist nur das eine erkennbar. Die sichtbare Form des Merkmals bzw. des Gens wird daher als dominant oder überdeckend bzw. vorherrschend bezeichnet. Die nicht sichtbare Form des Merkmals wird rezessiv oder verdeckt genannt. Die rezessive Form tritt in den Folgegenerationen in der Regel nur dann sichtbar in Erscheinung, wenn sie im betreffenden Organismus doppelt vorkommt. Dominante Merkmale kennzeichnet man durch Großbuchstaben, rezessive durch Kleinbuchstaben.
  • Paart man zwei reinerbige, in einem Merkmal unterschiedliche Lebewesen, so sehen die Nachkommen der 1. Generation (F1) alle gleich aus.
  • Paart man Tiere dieser F1-Generation miteinander, spaltet das Aussehen der folgenden Generation (F2) nach einem bestimmten Zahlenverhältnis auf.
  • Unterscheiden sich 2 Lebewesen in mehreren Merkmalen, so werden diese unabhängig voneinander wie oben beschrieben vererbt.
Ein Beispiel zur Vererbung rezessiver Faktoren ist zu finden unter http://www.satinangora.de/genetik.html, ein weiteres Beispiel zur Vererbung der dominanten Scheckung gibt es unter http://www.satinangora.de/gen-sch.html