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Autor und Copyright: Anja Rose
Verwendung des Textes an anderer Stelle nur mit Genehmigung des Autors.
Erschienen in der Kaninchenzeitung, Heft 15/2009.
Als Scheckenzüchter, ich züchte Zwerg-Rexe, dalmatiner dreifarbig, ist man schon einige Scheckungen gewohnt, die so gar nicht ins gewohnte Bild passen wollen. Als ich aber durch einen Zufall auf Schlachtkaninchen traf, die mir durch ihre sonderbare Zeichnung sofort ins Auge fielen, war ich schon etwas verdutzt: Diese Zeichnungsform war mir bisher vollkommen unbekannt. Auch die ausgiebige Recherche in der Fachliteratur brachte keinen weiteren Aufschluss, da diese Zeichnungsform nirgends beschrieben war. Neugierig geworden, erwarb ich damals einige der in der Lokalpresse angebotenen Kaninchen und stellte weitere Erkundigungen an.
Interessanter Zufallsfund bei einem Kleintiermarkt
Diese eigentümliche Zeichnungsform schien nur in unserer Gegend zu existieren, denn außerhalb des Raumes Münster/Osnabrück waren keine weiteren Tiere zu finden. Hier hingegen werden sie bei Kleintier- und Wochenmärkten als stehohrige Schlachtkaninchen in größeren Zahlen angeboten. Es scheint so, dass es sich hier um ein Scheckungsgen handelt, welches zufällig aufgrund einer Spontanmutation bei einem Tier aufgetreten war und sich daraus ein lokaler Kaninchenschlag entwickelt hat. In der Nähe von Hamburg stieß ich später auf einen Züchter, der „Weißohren“ in der Widdervariante im Stall hatte. Nach seinen Aussagen fand er den Stammvater dieser Zucht ebenfalls bei einem Wochenmarkt.
Ergebnisse einiger Testverpaarungen
All dies ist nun bereits einige Zeit her. Inzwischen sind bei mir etwa 400 Nachzuchttiere aus „Weißohren“-Verpaarungen (WO) geboren worden. Man kann bereits die ersten fundierten Schlussfolgerungen über dieses Scheckungsgen und seinen Erbgang ziehen.
Wichtig war mir bei allen Anpaarungen stets der Einsatz von rassereinen Tieren, um die Fehlerwahrscheinlichkeit meiner Aussagen zu minimieren.
Nachfolgend möchte ich die Verpaarungsergebnisse einmal anhand von Beispielen aufzeigen: Aus einer grauen WO-Häsin fielen bei einer Verpaarung mit einem reinrassigen Rammler der Chin-Rexe in der F1-Generation sechs graue und zwei Chin-WO. Diese beiden Chin-WO wurden miteinander verpaart, und die F2-Generation bestand aus einem Chinfarbigen, zwei Weißen (mit dunklen Augen) und drei Chin-WO. Hiermit kann man die erste Vermutung, dass diese Scheckungsform etwas mit der Holländerscheckung zu tun haben muss, eindeutig widerlegen, da bei einem rezessiven Erbgang die F2-Generation nicht aufspalten dürfte. Denn dies ist bei dominanten Erbgängen der Fall.
Zum zweiten Beispiel: Eine rote WO-Häsin wurde mit einem Deutschen Kleinwidder, rot-weiß (Mantelscheckung), verpaart. Die F1-Generation bestand aus vier einfarbig Roten, einem rot-weißen Mantelschecken, einem roten WO und zwei fast komplett weißen Tieren mit dunklen Augen. Auch in diesem Fall spaltet der Wurf auf, was bei einem rezessiven Erbgang nicht möglich wäre. Die Kombination von WO und anderer Punktscheckung (in diesem Fall mit Mantelzeichnung) ergibt weiße oder fast weiße Nachkommen, die allerdings dunkle Augen haben und an Weiße Hotot erinnern, da meist um die Augen herum ein Augenring zu finden ist. Es ist so, dass das WO-Gen mit dem Punktscheckungsgen in einer noch zu bestimmenden Form interagiert. Ein solcher fast weißer Rammler (ebenfalls aus WO x Mantelschecke) brachte bei etwa 200 Nachkommen immer nur Mantelschecken oder Weißohren (jeweils etwa zu 50 %), wenn er an nicht gescheckte Häsinnen verpaart wurde. Ein eindeutiger Hinweis darauf, dass diese fast weißen Tiere wirklich beide Gene in sich vereinen.
Ebenfalls fast komplett weiß sind reinerbige Weißohren, diese haben aber noch verdünnte Farbflächen auf dem Rumpf. Diese Tiere scheinen übrigens keinerlei Letalfaktoren (Megacolon) zu tragen, da bisher keine signifikant höhere Sterblichkeitsrate auftrat. Eine solche reinerbige WO-Häsin wurde im folgenden Beispiel an einen dreifarbigen Dalmatiner-Rex (F1 = vier Japaner-WO und zwei Weiße mit dunklen Augen) und an einen Japaner-Rex (F1 = acht japanerfarbige WO) verpaart.
Noch ein Beispiel: Eine Häsin der Japaner-Rexe wurde mit dem Chin-WO (aus dem o.g. ersten Wurf) verpaart. Das Ergebnis in der F1-Generation: vier Graue und zwei graue WO. Bei drei verschiedenen Verpaarungen des Chin-WO-Rammlers an unterschiedliche einfarbige Rexhäsinnen fielen in jedem Wurf etwa zur Hälfte Weißohren und Einfarbige. Bei Verpaarungen von WO x Punktschecke ließen sich vier verschiedene Phänotypen im Nest finden: Einfarbige, WO, Punktschecken und WO-Punktschecken (fast komplett weiß mit dunklen Augen).
Erste Schlussfolgerungen
Ich denke, dass die WO-Vererbung ein weiterer Punkt in der noch wenig erforschten und beschriebenen Punktscheckungsreihe ist, die sich bereits aus mindestens zwei Genorten und zählbaren acht verschiedenen Scheckungsallelen bedienen kann. Neben dem Mythos, dass Dalmatiner-Rexe nur unter dem Einfluss der Plattenscheckung weiße Ohren bekämen (was ich widerlegen kann), ist auch diese WO-Scheckung ein Grund dafür, sich intensiver und wissenschaftlich belegbar mit der Punktscheckungsreihe auseinanderzusetzen. Es ist an der Zeit, ein paar althergebrachte Überlieferungen zu hinterfragen und kontrollierte Zuchtversuche durchzuführen.

Erstaunlich war noch eine weitere Besonderheit der Weißohren. Es fiel ein Unterschied bei den japanerfarbigen WO im Verhältnis zu japanerfarbigen Mantelschecken (die bei meinen dreifarbigen Zwerg-Rexen, dalmatinerfarbig, des Öfteren in den Würfen liegen) auf: „Normale“ dreifarbige Mantelschecken haben stets schwarze Punkte auf gelber Decke, die dreifarbigen WO hingegen haben eine normale, flächenartige Zeichnung in der Grundfarbe, so wie man es vom Japanerkaninchen kennt. Hier scheinen also andere Regelmechanismen bei der Pigmentbildung zu wirken, obwohl beide Scheckungen der dominanten Punktscheckung zuzuordnen wären, da sie ja auch interagieren.
Um die phänotypischen Besonderheiten noch einmal klar auszuarbeiten, möge man sich hier nochmals die typische Zeichnung eines WO-Schecken ansehen. Kennzeichnend für die Kopfzeichnung sind die besonders auffälligen weißen Ohren und die weiße Schnauzpartie, das sogenannte „Milchmaul“. Die Tiere wirken mit ihrer eigentümlichen Schnauzzeichnung wirklich so, als seien sie eben mit der Nase aus einem Milchtöpfchen gekommen und müssten sich die Milchreste nur noch kurz abschlecken. Bei der Rumpfzeichnung sind bezeichnend: der gefärbte Bauchstreifen bei weißen Beinen (in Abgrenzung zur Plattenscheckung), die weiße Brust fast immer ohne Brustflecken (in Abgrenzung zur Mantelscheckung) und die weiße Blumenunterseite.
Das Gen scheint also zuerst die Extremitäten zu entfärben, doch wann genau dieser Vorgang in der Embryonalentwicklung vonstatten geht und wie er gesteuert wird, kann ich natürlich nicht sagen. Man kann aber beobachten, dass die Tiere sozusagen von „außen nach innen“ entfärben, optisch analog zur sogenannten Kälteschwärzung beim Russenfaktor.
Da mir keinerlei vergleichbare Scheckungen bei anderen Tierarten bekannt sind und die Entfärbung der Ohren normalerweise stets die allerletzte Stufe jedweder Scheckungen ist, ziehe ich für mich den Schluss, dass es sich hierbei um ein noch unbeschriebenes Scheckungsgen handeln muss, das sicherlich in zunehmenden Maße Beachtung finden wird. Auch das zunächst lokal begrenzte Auftreten (im Münsterland) spricht für eine zufällige Spontanmutation in der Pigmentierungskette der Embryonalentwicklung.
Zukunftspläne
Mein persönliches Zuchtziel sind Weißohren als Zwergwidder und Zwerg-Rexe, da ich ihre Erscheinung für ausgesprochen attraktiv halte. Ich möchte dieses lokal entstandene Gen erhalten und stärken, was sicherlich auch in qualitativer Sicht von Erfolg gekrönt sein wird.
Interessierte Züchter sind herzlich eingeladen, sich auf meiner Website (http://www.zwergrex.de) ein aktuelles Bild aus dem Zuchtgeschehen dieser neuen und schönen Zeichnungsart zu verschaffen.
Weitere Infos zu den Weißohren finden sich in folgenden Forenthemen:
Weißohr-Kaninchen - unbekanntes Zeichnungs-Gen? (sehr lang)
Weißohren - Doppelscheckung (Weißdurchsetzung/Stromung, Ohrenzeichnung)
Verwendung des Textes an anderer Stelle nur mit Genehmigung des Autors.
Erschienen in der Kaninchenzeitung, Heft 15/2009.

Interessanter Zufallsfund bei einem Kleintiermarkt
Diese eigentümliche Zeichnungsform schien nur in unserer Gegend zu existieren, denn außerhalb des Raumes Münster/Osnabrück waren keine weiteren Tiere zu finden. Hier hingegen werden sie bei Kleintier- und Wochenmärkten als stehohrige Schlachtkaninchen in größeren Zahlen angeboten. Es scheint so, dass es sich hier um ein Scheckungsgen handelt, welches zufällig aufgrund einer Spontanmutation bei einem Tier aufgetreten war und sich daraus ein lokaler Kaninchenschlag entwickelt hat. In der Nähe von Hamburg stieß ich später auf einen Züchter, der „Weißohren“ in der Widdervariante im Stall hatte. Nach seinen Aussagen fand er den Stammvater dieser Zucht ebenfalls bei einem Wochenmarkt.
Ergebnisse einiger Testverpaarungen
All dies ist nun bereits einige Zeit her. Inzwischen sind bei mir etwa 400 Nachzuchttiere aus „Weißohren“-Verpaarungen (WO) geboren worden. Man kann bereits die ersten fundierten Schlussfolgerungen über dieses Scheckungsgen und seinen Erbgang ziehen.
Wichtig war mir bei allen Anpaarungen stets der Einsatz von rassereinen Tieren, um die Fehlerwahrscheinlichkeit meiner Aussagen zu minimieren.



Noch ein Beispiel: Eine Häsin der Japaner-Rexe wurde mit dem Chin-WO (aus dem o.g. ersten Wurf) verpaart. Das Ergebnis in der F1-Generation: vier Graue und zwei graue WO. Bei drei verschiedenen Verpaarungen des Chin-WO-Rammlers an unterschiedliche einfarbige Rexhäsinnen fielen in jedem Wurf etwa zur Hälfte Weißohren und Einfarbige. Bei Verpaarungen von WO x Punktschecke ließen sich vier verschiedene Phänotypen im Nest finden: Einfarbige, WO, Punktschecken und WO-Punktschecken (fast komplett weiß mit dunklen Augen).
Erste Schlussfolgerungen
Ich denke, dass die WO-Vererbung ein weiterer Punkt in der noch wenig erforschten und beschriebenen Punktscheckungsreihe ist, die sich bereits aus mindestens zwei Genorten und zählbaren acht verschiedenen Scheckungsallelen bedienen kann. Neben dem Mythos, dass Dalmatiner-Rexe nur unter dem Einfluss der Plattenscheckung weiße Ohren bekämen (was ich widerlegen kann), ist auch diese WO-Scheckung ein Grund dafür, sich intensiver und wissenschaftlich belegbar mit der Punktscheckungsreihe auseinanderzusetzen. Es ist an der Zeit, ein paar althergebrachte Überlieferungen zu hinterfragen und kontrollierte Zuchtversuche durchzuführen.



Das Gen scheint also zuerst die Extremitäten zu entfärben, doch wann genau dieser Vorgang in der Embryonalentwicklung vonstatten geht und wie er gesteuert wird, kann ich natürlich nicht sagen. Man kann aber beobachten, dass die Tiere sozusagen von „außen nach innen“ entfärben, optisch analog zur sogenannten Kälteschwärzung beim Russenfaktor.
Da mir keinerlei vergleichbare Scheckungen bei anderen Tierarten bekannt sind und die Entfärbung der Ohren normalerweise stets die allerletzte Stufe jedweder Scheckungen ist, ziehe ich für mich den Schluss, dass es sich hierbei um ein noch unbeschriebenes Scheckungsgen handeln muss, das sicherlich in zunehmenden Maße Beachtung finden wird. Auch das zunächst lokal begrenzte Auftreten (im Münsterland) spricht für eine zufällige Spontanmutation in der Pigmentierungskette der Embryonalentwicklung.
Zukunftspläne
Mein persönliches Zuchtziel sind Weißohren als Zwergwidder und Zwerg-Rexe, da ich ihre Erscheinung für ausgesprochen attraktiv halte. Ich möchte dieses lokal entstandene Gen erhalten und stärken, was sicherlich auch in qualitativer Sicht von Erfolg gekrönt sein wird.
Interessierte Züchter sind herzlich eingeladen, sich auf meiner Website (http://www.zwergrex.de) ein aktuelles Bild aus dem Zuchtgeschehen dieser neuen und schönen Zeichnungsart zu verschaffen.
Weitere Infos zu den Weißohren finden sich in folgenden Forenthemen:

