Färbungsfaktoren bei wild(kaninchen)grauen Rassen

Beschreibung: Von Gerhardt Hochstrasser

Kategorie: Farben, Genetik, Vererbung & Co.

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Autor und Copyright: Gerhard Hochstrasser
Verwendung des Textes an anderer Stelle nur mit Genehmigung des Autors.
Erschienen in der Kaninchenzeitung, Heft 23/2006.


Die bis jetzt veröffentliche Literatur 1) über Gene (= Faktoren), die die Fellfärbung bei Rassekaninchen bedingen, ist recht umfangreich - und doch ist noch kein Ende der möglichen Erkenntnisse in Sicht. Jeder Versuch, die Wirkung von Färbungsgenen zu erklären, basiert auf der Interpretation von Beobachtungen, wobei aber die Möglichkeit besteht, diese auf unterschiedliche Weise aufzufassen, besonders wenn man von verschiedenen Vorkenntnissen ausgeht. Auch liegt ja noch das Problem vor, dass das Vorhandensein von Phäo- und Eumelanin im Haar nicht genau abgeklärt wurde. Dr. Niehaus (1986, S. 71) hatte seinerzeit geschrieben, es wären „zwei chemisch voneinander unterschiedliche Gruppen an der Ausfärbung des Haarkleides beteiligt: Es sind dies die Phäomelanine und die Eumelanine“ und „Die meist farbigen Felle enthalten sowohl Phäo- als auch Eumelanin in unterschiedlichen Verhältnissen“.

Was hierbei nicht hervorgehoben wurde, ist, dass sich diese Melanine nicht überlagern (und so eine Mischfarbe erzeugen), sondern nur getrennt streifenweise eingelagert sind. Es kann einfach nicht sein, dass an ein und derselben Stelle im Haar die zwei Melaninarten überlagert 2) vorkommen, denn es gibt nur eine einzige anatomische Formation, die Melanozyten, die nicht gleichzeitig Phäo- und Eumelanin erzeugen können. Da Phäomelanin als nicht vollständig oxydierte Vorstufe des Eumelanins gelten muß, können die Melanozyten nicht gleichzeitig beide Melaninstufen erzeugen.

Der Melanozyt (als funktionelle Einheit mit der Epidermiszelle) ist ein mit Melanin beladender Melanoblast, der das als Melaningranula 3) vorliegende Pigment an sonst pigmentlose Epitelzellen (in der Haarzwiebel) abgibt; der Melanoblast ist eine ektodermale oder neuromesodermale Zelle der Ganglienleiste (Neuralleiste) 4), die vor allem in das Bindegewerbe der Haut und in die Ader- und Regenbogenhaut des Auges einwandern wird. Die Melanozyten produzieren durch Oxydation mit Hilfe der Tyrosinase das Melanin, d.h. die rotgelben und braunschwarzen Farbstoffe Phäo- und Eumelanin. 5) Diese Farbstofferzeugung ist eine Folge des Abbaus der halbessentiellen Aminosäure Tyrosin, die zuerst zu Dihydroxyphenylalanin (in der medizinischen Literatur DOPA genannt) 6) abgebaut wird. Die aromatische Aminosäure Tyrosin wird durch das Futter aufgenommen 7) und durch das Enzym Tyrosinase (= Tyrosinhydroxylase = Tyrosinmonooxydase) abgebaut. Fehlt dieses Enzym zur Gänze, so kann das Tyrosin nicht abgebaut werden und es entsteht ein albinotisches Tier, trotz der Präsenz der Melanozyten in der Haarzwiebel.

Bei den einzelnen Stufen der Albino-Reihe (ad– achi – am – an – a) liegt ein fortschreitendes quantitatives Fehlen der Tyrosinase vor. Es wirkt sich bei Chinchilla-Kaninchen vorerst nur auf die sonst von Phäomelanin gefärbten Haarpartien aus, bei den einfarbigen Marderkaninchen aber schon auf fast die gesamte Färbung, die überwiegend zu einem gewissen Braun wird.
In der Literatur wurden für den Farbfaktor A verschiedene Namen gebraucht (z. B. „Grundfaktor für Pigmentierung“), in Wirklichkeit darf er nur „maximale Präsenz/maximales Vorhandensein der Tyrosinase“ heißen, während die Verlustmutation (a) natürlich nur "vollständiges Fehlen der Tyrosinase" heißen kann. Die Zwischenstufen sind mit „teilweises Fehlen der Tyrosinase“ eines bestimmten Grades zu benennen. Wie viele mögliche Zwischenstufen vorhanden sind, ist noch nicht ganz geklärt, da es z. B. Russenkaninchen mit verschieden starker Äußerung des Tyrosinasemangels geben kann (von ganz großer bis zu fast fehlender Maske bei identischer Außentemperatur).

Die essentiellen Pigmentfaktorensymbole (B, C und D) werden bei Tieren mit schwarzen Haarspitzen gebraucht (wobei die „Braun“-Marder in Wirklichkeit Schwarz-Marder sind). Die Mutationen zu b, c und d sind Verlustmutationen (allerdings nur Subtotalverlustmutationen 8), keine Totalverlustmutation wie bei „a“, aus der A-Reihe), weil das Schwarz des Wildkaninchengrau zum größten Teil verlorengeht: Bei der Mutation von B zu b dominiert nun flächenmäßig nicht mehr Schwarz über Gelb, sondern Gelb über das auf die Spitzen- und Extremitätenfärbung zurückgedrängte Schwarz; bei der Mutation von C zu c erscheint statt Schwarz nun Braun und bei der Mutation von D zu d erscheint optisch nur mehr Blau (das freilich seinerseits nur eine verdünnte Einlagerung von Schwarz ist).

Bei der Mutation von C nach c sprechen manche Autoren (z. B. Hiltbrand) 9) von einer besonderen Granulierung des schwarzen Eumelanins, die - optisch - Braun ergäbe. Hans-Peter Scholz (DKZ 14/94, S. 16) 10) nennt den Havannafaktor (c) als jenen, „der die Eumelanine von Schwarz auf Dunkelbraun verdünnt“ (bei gleichzeitiger Intensivierung der Phäomelanine). Er ist der Meinung DKZ 15/94, S . 13, dass die Wirkung der Faktoren c und d sich zu einem überraschenden Ergebnis addiere: „Auf die Phäomelanine wirkt der Blau-Faktor abschwächend, der Havannafaktor hingegen verstärkend.“ Den beiden Meinungen steht die Beobachtung von O. Wilde (1949) 11) gegenüber, der bei der Havannafärbung braune Pigmentkörper in derselben Lagerung und Größe wie bei Schwarz beschrieben hatte. Wer hat nun recht?

Tatsächlich ist das Havannabraun ein anderes Braun als das Schwarzbraun der „Braun“ genannten bronzefarbigen Färbung der Standard-Marderkaninchen. Trotzdem kann nach einer Gemeinsamkeit gesucht werden, die jene Färbung ergibt, die als „Braun“ bezeichnet wird. Bei den Marderkaninchen erscheint diese Färbung auf Grund des partiellen Tyrosinasemangels, der seinerseits zu entsprechend weniger Aufbau von Melaninen führt. Es wird also beim Vorhandensein des Wildfarbigkeitsfaktors G (Farbformel: amBCDG/anBCDG) zeitweilig gar kein Phäomelanin gebildet (das Ergebnis ist die weiße Zwischenfarbe bei Marder-Chinchilla), beim Vorhandensein des Einfarbigkeitsfaktors g (Farbformel: amBCDg/anBCDg) führte das quantitativ weniger gebildete Phäomelanin durch seine Weiteroxydation auch zu weniger gebildetem Eumelanin bzw. dem Bronzebraun in gewissen Fellpartien. Bei der Havannafärbung könnte es so sein, dass primär ebenfalls eine quantitativ geringere Phäomelaninbildung vorliegt, so dass dessen weitere Oxydierung keine dunklere Farbe als eben Havanna mehr ergeben kann. Dass es auch Farbabstufungen von dunkel zu hell geben kann, ist bekannt (DKZ 11/1960, S. 15) - der Grund dafür könnte in einem kleinen Unterschied der Melaninmenge zu finden sein.

Die Einlagerung der havannafarbigen Pigmentkörper entspricht (so Wilde 1949) in Lagerung und Größe ganz der „dichten und gleichmäßigen Einlagerung von mittelgroßen Pigmentkörperchen“ bei Schwarz. In einem Brief an mich (G. H.) ist Ing. G. Wesselius aus Hengelo/Niederlande der Meinung, dass der c-Faktor auf einer Granulierungsänderung des schwarzen Pigments beruhe und dieses verdünne, dafür aber keine Verstärkung auf Gelb ausübe (womit er gezielt der Äußerung im DKZ 15/1994, S. 13, widersprach). Wenn wir aber das Phäomelanin als unvollständig oxydierte Vorstufe 12) des Eumelanins ansehen, kann es ja auch gar nicht möglich sein, dass der Havannafaktor c das Phäomelanin verstärke, denn wäre das der Fall, so müßte doch die verstärkte Vorstufe automatisch eine verstärkte Eumelaninendstufe ergeben - und diese könnte nicht mehr Braun, sondern nur tiefstes Schwarz sein. Mir ist auch nicht bekannt, dass bei Havannawildfarbigkeit (ABcDG) die vom Phäomelanin gefärbte Zwischenfarbe stärker als bei Schwarzwildfarbigkeit (ABCDG) gefärbt wäre - die Zwischenfarbe ist bei ABcDG vielmehr nur „leuchtend orangerot“, bei ABcDG aber „rostrotbraun“: Ein Farbenspiel, das jedenfalls bei Schwarzwildfarbigkeit auf das Vorliegen von mehr Phäomelanin hinweist (oder/und auf dessen stärkere Oxydation).

Die Mutation von D nach d bewirkt eine Verdünnung (Dilution) der Pigmentkörper durch Verklumpung, wobei die schwarze Färbung optisch als Blau, die gelbe Färbung aber als „Creme“ erscheint. Dieser optische Farbenwechsel erscheint nur bei Homozygotie (dd). Es gibt, eindeutig erkennbar, verschiedenes Blau, also auch verschiedene Verdünnungsstufen von Schwarzblau (mit braunen Augen) über Mittel- und Hellblau bis zu „Mehlsackblau“, die aber in der Regel nicht durch Symbole ausgedrückt werden. Diese könnten folgendermaßen lauten: ds (schwarzblau), dd (dunkelblau), dm (mittelblau), dh (hellblau) und dw (weißlichblau = „mehlsackblau“). Genetisch ist die Einführung dieser Symbole wichtig (dunkler ist jeweils über heller dominant), züchterisch aber weniger, da weder Schwarzblau (mit braunen Augen) noch das unschöne Hell- und Mehlsackblau gewünschte Farbenschläge sind. Der Verdünnungsfaktor d verdünnt auch den c-Faktor zu Fahlblau (= Marburger Feh im Falle des Vorhandenseins des Einfarbigkeitsfaktors g).

Der G-Faktor steht für Wildfarbigkeit (= Haarbänderung mit weißen Wildfarbigkeitsabzeichen). Fehlt der Wildfarbigkeitsfaktor, so erscheint ein einfarbiges Tier: aus wildkaninchengrau (ABCDG) wird schwarz (ABCDg). Möglich ist eine Zwischenstufe zwischen den beiden Extremen: ein Tier mit schwarzer Decke und cremefarbigen Wildfarbigkeitsabzeichen (ABCDGo). Diese Wildfarbigkeitsabzeichen können durch Rotfaktoren, aber auch durch Schwärzungsfaktoren. eingefärbt werden. Die Wildfarbigkeit (ABCDG) kann verschiedene Nuancen, ja sogar Farben aufweisen. Prof. Dr. Hans Nachtsheim (1977, S. 109) 13) hatte dazu geschrieben: „Bei der Wildfarbigkeit unterschied man - wie auch heute - mehrere Nuancen, wie hellwildfarbig, dunkelwildfarbig, hasenwildfarbig, Nunancen, die auf der Wirksamkeit gewisser Modifikationsfaktoren beruhen.“ Diese Modifikationsfaktoren, die sowohl zur Farbverblassung als auch bis hin zum „Doppeleisengrau-Schwarz“ (Schwarz mit einzelnen gebänderten Haaren) führen können, seien hier auch vorgelegt. Die weißen Wildfarbigkeitsabzeichen können aber nicht nur geschwärzt, sondern auch durch Rotfaktoren gefärbt werden - auch diese sind Modifikationsfaktoren, die außerhalb der Grundfarbformel stehen.

Im folgenden soll dargestellt werden, dass es keinen Be geschriebenen Eisengrau-Faktor als Super-B-Faktor gibt, sondern nur dominante Eumelaninverstärkerfaktoren E aus der Eumelinkontrollfaktorenreihe, und dass es keine die rote Färbung bedingenden rezessiven y-Gelbverstärkerfaktoren, sondern nur dominante Phäomelaninverstärkerfaktoren aus der Phäomelaninkontrollreihe gibt.

Die Allele in der Eumelanin- und in der Phäomelaninkontrollreihe

Das Wild(kaninchen)grau ist eine in sich gut im Gleichgewicht befindliche Färbung, die wohl auf der idealen Mischung von Eu- und Phäomelanin beruht. Gleichzeitig kann erkannt werden, dass es Fellpartien gibt, in welchen Eumelanin besonders stark vertreten ist (z. B. schwarze Ohrenränder), so wie es Fellpartien gibt, in denen das Phäomelanin bis hin zu rostbraunrot gedunkelt erscheint (z. B. Zwischenfarbe und Nackenkeil) und dass die ideale wildkaninchengraue Farbe über hellwildkaninchengrau und andere Stadien der Farbverblassung dominiert. Da bis jetzt Hellwildkaninchengrau, Ideal-Wildkaninchengrau und Dunkelgrau mittels ein und derselben Grundfarbformel (ABCDG/ABCDG) dargestellt wurden, mußte eine Abhilfe durch neu überdachte Symbole für die von Prof. Dr. Nachtsheinn erwähnten Modifikationsgene gefunden werden.

Die Dominanz des idealen Wildkaninchengrau über hellere Färbung zeigt, dass die von der ersteren getragenen Modifikationsgene als dominante Allele der Reihe für Reihe für Eumelanin- und der Reihe für Phäomelaninkontrolle dargestellt werden müssen. Beide Reihen (Serien) beginnen bei einer fast nicht vorhandenen Färbung größten Helligkeitsgrades und enden bei der stärkst möglichen Färbung (Schwarz bzw. Rot).
In Anbetracht der bis jetzt geltenden Symbole können die rezessiven Stufen der Eumelaninkontrollreihe mit e, die dominanten mit E, die rezessiven Stufen der Phäomelaninkontrollreihe mit y die dominanten mit Y gekennzeichnet werden. Für das Ideal-Wildkaninchengrau mit seinem dominanten Verhalten über die hellere Färbung gilt die Farbformel ABCDGEY/ABCDGEY bzw. ABCDGE1Y1/ABCDGE1Y1. Dunklere Färbungen erhalten die Farbformeln ABCDGE2y1/ABCDGE2Y1 (homozygot Dunkelgrau und ABCDGE3Y1/ABCDGE3Y1 (homozygot Stahlgrauschwarz = „Doppeleisengrauschwarz“, vormals als Rasse Nubians in England). Rötere Färbungen erhalten die Farbformel ABCDGE1Y2/ ABCDGE1Y2 (Hasengrau) und ABCDGE1Y3/ABCDGE1Y3 (Hasenfarbig). Bei Farbverblassung gilt je nach Stärke e1/e1 e2/e2 und e3/e3 und y1/y1, y2/y2 und y3/y3. Die Farbverblassung ist im Falle von Schwarzverminderung am leichtesten anhand des zurückgehenden Haarspitzenschwarz und der Ohrenumrandung erkennbar. Ohne diese Schwarzverminderung kann man keine idealen Roten Neuseeländer mit der Grundformel AbCDG erreichen. Erst wenn das Haarspitzenschwarz und die schwarze Ohrenumrandung wegfallen (e) und gleichzeitig der stärkste Rotverstärkerfaktor (Y3) eingebaut ist, erhalten wir die vom Standard geforderten Roten Neuseeländer mit der Farbforrnel AbCDGe3Y3/AbCDGe3y3. Die ganze Eumelaninkontrollreihe lautet von Hellst nach Dunkelst e3 - e2 – e1 – E1 – E2 – E3 die ganze Phäomelaninkontrollreihe aber y3 – y2 – y1 – Y1 – Y2 – Y3. Die dem Wildkaninchengrau gegenüber rezessiven Allele erscheinen mit kleinen Buchstaben geschrieben - die Dominanz steigt von links nach rechts um das Doppelte an Stärke des vorherstehenden Allels. Die dominanten Allele verstärken die Färbung des Ideal-Wildkaninchengrau und heißen deshalb Eumelaninverstärker- und Phäomelaninverstärkerfaktoren; die rezessiven Allele vermindern die Färbung des Ideal-Wildkaninchengrau und heißen deshalb Eumelaninverminderungs- und Phäomelaninverminderungsfaktoren. Sie können gemeinsam, aber auch getrennt, in Aktion treten, und entweder gleichsinnig (beide in Richtung Verstärkung oder beide in Richtung Verminderung) oder entgegengesetzt wirken. Im Genom (= Erbfaktorensatz, den eines der Elterntiere vererbt) kann jeweils nur ein Allel der Eumelanin- und ein Allel der Phäomelaninkontrollreihe erscheinen, im Genotyp aber summiert sich die Stärke der jeweils ererbten Allele und ergibt das phänotypische Bild. Im Falle, dass Homozygotie vorliegt, haben wir im Genotyp folgende Situation:

e3/e3/y3/y3 (1+1=2),
e2/e2/y2/y2 (2+2=4),
e1/e1/y1/y1 (4+4=8),
E1/E1/Y1/Y1 (8+8=16),
E2/E2/Y2/Y2 (16+16=32),
E3/E3/Y3/Y3 (32+32=64).

Im Falle von verschiedener Heterozygotie kann man durch Einsetzen der oben angegebenen Stärkegrade (von 1 bis 32) die Stärke der Eumelanin- bzw. der Phäomelaninfärbung im Genotyp errechnen. Als Beispiel sei die heute seltene Färbung Dunkelhasengrau vorgestellt: Dunkelgrau hat die Farbformel ABCDGE2Y1/ABCDGE2Y1, Hasengrau oder ABCDGE1Y2/ABCDGE1Y2, ihre Kombination ergibt ABCDGE2Y2/ABCDGE2Y2 mit der Genotypstärke an Eumelanin von 16+16=32 und an Phäomelanin von 16+16 =32. Ein gleich dunkles, aber noch roteres Tier wäre Dunkelhasenfarbig mit der Farbformel: ABCDGE2Y3/ABCDGE 2y3 . Alle vielen Möglichkeiten der heterozygoten Mischfarben lassen sich symbolisch und rechnerisch leicht darstellen; die Vererbung der Allele der Eumelanin- und Phäomelaninkontrollreihe erfolgt nach den bekannten Mendelschen Regeln. Was die durch die dominanten Allelstufen des Eumelaninkontrollgens hervorgebrachten Fellfarben betrifft, haben wir folgende Situationen:

1. Wildkaninchengrau: ABCDGE1Y1/ABCDGE1Y1, Stärke der Eumelanins im Genotyp 8 + 8 = 16, Stärke des Phäomelanins identisch.
2. Dunkelgrau: ABCDGE2Y1/ABCDGE2Y1, Stärke des Eumelanins im Genotyp 16 + 16 = 32, Stärke des Phäomelanins 8 + 8 = 16.
3. Stahlgrauschwarz: ABCDGE3Y1/ABCDGE 3Y1, Stärke des Eumelanins im Genotyp 32+32=64, Stärke des Phäomelanins 8+8=16.

Die bekannte heterozygote Eisengraufarbe kann bei verschiedener Stärke der Eumelaninkontrollallele erscheinen, nur muß sie stärker als bei Dunkelgrau sein. Die typische und bekannteste Eisengraufärbung erscheint aus der Kreuzung von Stahlgrauschwarz mit Wildkaninchengrau und trägt dann die Farbformel ABCDGE3Y1/ABCDGE1Y1 - die Eumelaninstärke der Eumelaninkontrollgene beträgt im Genotyp 32+8=40. Aus der Verpaarung der heterozygoten typischen Standard-Eisengraufärbung untereinander erscheinen bekanntlich 25% wildgraue, 50% eisengraue und 25 % stahlgrauschwarze F1-Tiere. Durch Heinz Floer 14) wurde auf die Zucht von 100 % Eisengrau aus der Verpaarung von Stahlgrauschwarz mit hellgrauen Tieren hingewiesen. Hier haben wir folgende Situation: Hell(wild)graue Tiere tragen die Farbformel ABCDGe1Y1/ABCDGe1Y1 oder ABCDGe1y1/ABCDGe1y1 mit der Eumelaninstärke im Genom 4 und im Genotyp (4 + 4 = 8). Verpaart man Hell(wild)grau mit Stahlgrauschwarz, so trägt die F1-Generation die Farbformel ABCDGe1Y1/ABCDGE3Y1 (oder ABCDGE1Y1/ABCDGe3Y1) und die Eumelaninstärke 4+32=36 im Genotyp. Hiermit ist diese F1-Generation klar dunkler als das homozygote Dunkelgrau mit der Eumelaninstärke 16+16=32. Floer sprach auch von eisengrauen Tieren mit zu dunklem Schimmer auf der Wange und sogar von Tieren, „die etwas Rot in der Decke zeigen“, „wodurch die lichtgraue Farbe, die sich unter den schwarzen Haarspitzen befindet, bräunlich erscheint, etwas, was wiederum oft vorkommt, wenn man wildgraue Tiere einkreuzt“. Da aber sowohl Prof. Dr. Nachtsheim (1949, S. 89), das Büchlein „Das Deutsche Widderkaninchen“ (Reutlingen, ohne Jahr, S. 20-21) und Dr. Niehaus (1986, S. 77) die aus Eisengrau x Eisengrau herausspaltenden 25 % Wildgrau und nicht Hellwildgrau benannten, könnte das von Floer erwähnte „Rot in der Decke“ aus der Einkreuzung von Hasenwildfarbig ABCDGE1Y2) stammen. Zu dunkle eisengraue Tiere tragen wahrscheinlich die Farbformel ABCDGE3Y1/ABCDGE2Y1.

Über das zusätzliche Einbauen von Phäomelaninverstärkerfaktoren in Eisengrau hatte Hermann Schmitt 15) berichtet. Er nahm die Kreuzung Eisengrau x Rote Neuseeländer vor und erhielt in der F1-Generation Jungtiere, die „nicht heller als Normaleisengrau (sondern) nur roter“ waren. Da Eisengrau die Farbformel ABCDGE3y1/ABCDGE1Y1 trägt, die Roten Neuseeländer aber die Farbformel AbCDGe3y3/AbCDGe3Y3 tragen erscheinen in der F1-Generation die Kombinationen ABCDGEY1/AbCDGe3Y3 (= roteisengrau) und AbCDGE1Y1/ABCDGe3y3 (= rotwildfarbig mit Spitzenschwarz). Der hier vorkommende rezessive b-Faktor kommt dem dominanten B-Faktor gegenüber nicht zum Tragen, nur die starken Y-Faktoren färben die phäomelanistisch geprägten Fellpartien zusätzlich ein.

Da ich hier unmöglich alle möglichen Kombinationen der Eumelanin- 16) und Phäomelaninkontrollgene bei Wild(kaninchen)grau (= genetisch Schwarzwildfarbig), geschweige denn noch auch bei Braun-, Blau-, Fahlblau, Gelb-, Orange- und "Sandfarbig"-Wildfarbig (und hinzukommend auch noch die Wildfarbig-Varianten im Falle des Austauschens des A-Faktors mit dessen Allelen ad, achi, am und an und deren Kombinationen mit den eben oben genannten Wilfarbig-Varianten der Grundfarbforrnel) darstellen kann, will ich mich auf die Darstellung der Farbformeln beschränken die entstehen, wenn bei Wildkaninchengrau ABCDGe1Y1/ABCDGe1Y1 stärkere Phäomelaninallele das schwächere Allel Y1 ersetzen:

Fast-Hasengrau: ABCDGE1y2 /ABCDGE1Y1 (heterozygot)
Hasengrau- ABCDGE1Y2/ABCDGE1Y2 (homozygot)
Rot-Hasengrau: ABCDGE1Y3/ABCDGE y1 (heterozygot)
Fast-Hasenfarbig: ABCDGE1Y3/ABCDGE1Y2 (heterozygot)
Hasenfarbig: ABCDGE1Y3/ABCDGE1Y3 (homozygot).

Identisch wäre diese Reihe auch für Dunkelhasengrau (ABCDGE2Y2/ABCDGE2Y2 2y2) ausgehend von Dunkelgrau (ABCDGE2Y1/ABCDGE2Y1) auszustellen. Auch könnte man von Hellwild(kaninchen)grau ausgehen (ABCDGe1Y1/ABCDGe1Y1) oder von noch helleren oder von dunkleren Wildgrauformen, die aber keine standardmäßigen Farben ergeben würden.