Ernährunsbedingte Krankheitsrisiken beim Hauskaninchen

Beschreibung: von Dr. Wolfgang Schlolaut

Kategorie: Fütterung

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[url=https://www.kaninchenwissen.de/kb/viewarticle?a=27&sid=96098442e57803c6f2f8bdb46fa13472]Knowledge Base - Ernährunsbedingte Krankheitsrisiken beim Hauskaninchen[/url]

Nach einem Vortrag anlässlich des von der Sächsischen Landesanstalt für Landwirtschaft veranstalteten "Sächsischen Kaninchentages" am 3.9.2006 in Oschatz, erschienen in der Kaninchenzeitung 24/2006.
Autor und Copyright: Dr. Wolfgang Schlolaut
Verwendung des Textes an anderer Stelle nur mit Genehmigung des Autors.


Die Haltung des Hauskaninchens wird, wie die keines anderen Nutztieres, durch hohe Jungtierverluste belastet oder gar in Frage gestellt. Nachdem der Dünndarm-Kokzidiose, als einstiger Hauptursache, mit Hilfe der Kokziodistatika vorgebeugt werden kann, sind es nunmehr durch toxinbildende Bakterien verursachte Erkrankungen des Dünn- und Dickdarms: Akute Dysenterie (E.coli-Intoxikation) und seuchenhafte Enteropathie oder Enterocolitis (Clostridien-Intoxikation). Deren Anteil überwiegt bei den durch Sektionen festgestellten Verlustursachen mit bis zu über 90 %. Sie sind auch die überwiegende Ursache für die bei jungen Kaninchen häufigen Durchfallerkrankungen.
Die Erreger sind, wenngleich selten (0,1 %), auch in der Darmflora des gesunden Kaninchens anzutreffen. Bei an akuter Dysenterie erkrankten Tieren beträgt der Anteil von E.coli dagegen mehr als 80 %), bei entsprechender Reduzierung des Anteiles von Lactobazillen (Matthes, 1969).
Die Ursachen für diese Veränderungen und die dadurch ausgelösten Krankheitserscheinungen sind im wesentlichen folgende:
  1. Im Darm als Nährboden für die Erreger verbleibende Nährstoffe
    entweder infolge alters-oder artbedingt unzureichender Enzymproduktion für die Verdauung von Nährstoffen (z.B. Stärke, Eiweiss) in Futtermitteln, die nicht zum artspezifischen Nahrungsspektrum gehören,
    oder aufgrund mangelnder Resorption verdauter Nährstoffe infolge von Verletzungen der Schleimhaut des Dünndarmes z.B. bei Dünndarm-Kokzidiose.
  2. Abschwächung des die Vermehrung der Erreger hemmenden sauren Milieus (niedriger pH-Wert) im Magendarmkanal durch die Pufferwirkung einer Ration mit hohem Nähr- und Mineralstoffgehalt.
  3. Lange Verweildauer des Futterbreies im Magen-Darmtrakt begünstigt im Zusammenhang mit der Erhöhung des pH-Wertes die Vermehrung der Erreger. Die Passagezeit ist umso kürzer je weniger verdauliche Nährstoffe dieses enthält.
  4. [/list:o]Abgesehen von den mit der Vermehrung der Erreger verbundenen Krankheitserscheinungen (z.B. Durchfall und Blähungen) kann das Krankheitsgeschehen entscheidend durch die von ihnen produzierten Toxine (Giftstoffe) beeinflusst werden.

Fütterungsfehler, die häufigste Verlustursache?


Es liegen keine Informationen über das Auftreten derartiger Erkrankungen beim Wildkaninchen vor. Akute Dysenterien wurden bis in die 2. Hälfte des vorigen Jahrhunderts beim Hauskaninchen fast ausschliesslich im Zusammenhang mit der durch Dünndarmkokzidiose beeinträchtigten Nährstoffresorption beobachtet (Sprehn, 1967). Ihr nunmehr verstärktes Auftreten trotz Einsatz von Kokzidiostatika weist darauf hin, dass die in den letzten Jahrzehnten eingetretenen Veränderungen in der Umwelt des Hauskaninchens möglicherweise die Vermehrung und die Pathogenität dieser Bakterienarten fördern.
Diese umweltbedingten Veränderungen betreffen einmal die seit drei Jahrzehnten in den Industrieländern überwiegende Verfütterung von Futtermitteln mit hoher Nährstoffkonzentration (Samen und Nebenprodukte aus deren industrieller Verarbeitung)
Zum anderen ist es bei erwerbsorientierter Kaninchen-Fleischerzeugung die Haltung in Grossbetrieben mit überregionalem Austausch von Zuchttieren. Dies erhöht, bei der in der Kaninchenhaltung verbreiteten unzulänglichen Stallhygiene, den Infektionsdruck. Mit einem ähnlichen Risiko ist in der Rassekaninchenzucht die Teilnahme an Schauwettbewerben verbunden.

Die Nahrung des Wildkaninchens


Was die Fütterung anbetrifft, so werden die zwischenzeitlichen Veränderungen beim Vergleich mit der Ernährung des Wildkaninchens offenbar. Dieses deckt, im Gegensatz zur derzeitigen Fütterung des Hauskaninchens, seinen Nährstoffbedarf fast ausschliesslich durch den Verzehr von vegetativem Aufwuchs und nicht mit kohlehydrat-(Zucker, Stärke) und eiweissreichen Samen. Seine Fortpflanzung sowie die Aufzucht und das Wachstum der Jungtiere mit dem höchsten Nährstoffbedarf fallen in die Jahreszeit, in der junges Grünfutter reichlich verfügbar ist. Das ermöglicht es dem Wildkaninchen als Blattfresser (Folivore) sich die leicht verdaulichen und relativ eiweissreichen Blätter und Triebspitzen aus dem Aufwuchs herauszusuchen und verholzte Pflanzenteile (Stengel) zu verschmähen. Letztere werden ebenso wie trockene Pflanzen und Rinde erst gefressen, wenn der Nährstoffbedarf nicht mehr mit Grünfutter gedeckt werden kann.
Die geringe Nährstoffkonzentration im vegetativen Aufwuchs erfordert die Aufnahme grosser Futtermengen, um den Nährstoffbedarf decken zu können. Die im Vergleich zu Konzentratfutter kurze Verweildauer dieses Futters im Verdauungstrakt (Passagezeit) sowie ein niedriger pH-Wert reduzieren gleichzeitig die Möglichkeit, dass sich bakterielle Krankheitserreger vermehren können.
Dabei ist die Menge des konsumierten Grünfutters nicht nur von dem Fassungsvermögen und der Passagezeit abhängig, sondern auch von dessen Schmackhaftigkeit. Das Hauskaninchen frisst beispielsweise von Rotklee 2 ½ mal mehr als von jungem Weidegras. Bei einem 3 kg schweren Weissen Neuseeländer-Kaninchen entspricht das einer täglichen Grünfutteraufnahme von 1,6 kg gegenüber 0,65 kg von Gras. Das heisst, es werden von dem schmackhaftesten Grünfutter täglich mehr als die Hälfte des Lebendgewichtes aufgenommen. Dementsprechend schneller ist die Magen-Darmpassage.

Niedrige Zunahmen sind Voraussetzung für Entwicklung der Verdauungsfunktionen


Um das zunächst dem relativ hohen Energie- und Eiweissgehalt der Kaninchenmilch angepasste Verdauungsvermögen nach dem Fortfall der Muttermilch auf die geringere Konzentration und unterschiedliche Zusammensetzung der Nährstoffe im Grünfutter umzustellen, ist auch beim Wildkaninchen eine mehrwöchige Anpassung der Kapazität der Verdauungsorgane und insbesondere des Verdauungsvermögens erforderlich. Dies wird dadurch ermöglicht, dass das spätestens ab dem 30. Lebenstag nicht mehr gesäugte Wildkaninchen zunächst seinen Nährstoffbedarf für das Wachstum nicht mit Grünfutter decken kann, da der Aktionsradius auf die Umgebung der Satzröhre begrenzt ist und die Futteraufnahme sich auf die Morgen- und Abenddämmerung beschränkt. Die Tageszunahmen sind daher, zumindest in den ersten Wochen nach dem Fortfall der Milchnahrung, geringer als während der Säugezeit, während der sich das Geburtsgewicht nahezu verzehnfacht.
Die beim Kaninchen ausgeprägte Fähigkeit Wachstumsrückstände bei reichlicher Ernährung wieder aufzuholen (kompensatorisches Wachstum) sorgt dafür, dass die spätere Entwicklung keinen Schaden nimmt.

Kaninchenfütterung ohne Rücksicht auf Nährstoffbedarf und Verdauungsvermögen


Auf diese Besonderheiten der Ernährung des Kaninchens hat der Mensch zu keiner Zeit seit der Domestikation Rücksicht genommen.
Futtergrundlage war bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts sogenanntes „absolutes“ Kaninchenfutter. Dabei handelte es sich überwiegend um Grobfutter, dessen Menge nicht für die Ernährung grösserer Nutztiere ausreichte (Küchen- und Gartenabfälle, Aufwuchs von Wegerändern, Unkraut, Laub). Am besten hatten es die sogenannten „Kuhhasen“, die zwischen den angebundenen Rindern umherlaufend, sich die nährstoffreichsten Teile aus deren Futter heraussuchen konnten. Bei der Käfighaltung und kombinierter Fütterung zwingt jedoch der Mensch, mangels Sachkenntnis oder aus ökonomischen Gründen das Hauskaninchen, das vorgelegte Futter ohne Rücksicht auf sein Verdauungsvermögen restlos aufzufressen.
Das hatte bis in die 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts zur Folge, dass selbst während der Vegetationsperiode weder der Nährstoffbedarf für die Fortpflanzung noch für das Wachstum gedeckt werden konnte. Dies umso weniger, als sich mit zunehmender Grösse der Hauskaninchenrassen die relative Kapazität der Verdauungsorgane verringert und das Verdauungsvermögen, bei gleichzeitig höherem Nährstoffbedarf, verschlechtert (Wolf et al. 2005). Die Mangelernährung hatte zur Folge, dass mit 1-2 Würfen je Häsin und Jahr nur ein Bruchteil der arttypischen Reproduktionsleistung erzielt werden konnte. Während beim Wildkaninchen die Jungtiere aus den Frühjahrswürfen im gleichen Jahr zuchtreif werden, war dies beim Hauskaninchen erst im nächsten Jahr der Fall. Das wurde nicht als Mangel empfunden, denn die Erzeugung von Kürschnerfellen, deren Geldwert teilweise höher als der des Kaninchenfleisches war, erforderte ohnehin eine Schlachtung im Winter und ein Alter von mindestens 5-6 Monaten.
Das änderte sich mit der wirtschaftlichen Bedeutungslosigkeit von Kaninchenfellen in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts. Als Nutzleistung verblieb, abgesehen vom kurzen Boom der Angorawolle, nur noch die Fleischerzeugung. Als Erzeuger von "weissem" Fleisch musste das Kaninchen hierbei jedoch mit Geflügel konkurrieren. Bei diesem hatten sich inzwischen die Produktionsbedingungen erheblich verbessert. Geflügelfleisch wurde jahreszeitlich unabhängig in Grossbeständen mit geringem Arbeitsaufwand und zu niedrigen Kosten produziert.

Geflügelfleischerzeugung – Vorbild für’s Hauskaninchen


Das regte dazu an, beim Kaninchen Gleiches zu versuchen, um es konkurrenzfähig zu machen. Obwohl die hygienischen Bedingungen beim Hauskaninchen, im Gegensatz zum Geflügel, nach wie vor vernachlässigt wurden, schien der Verabreichung von Alleinfutter mit nicht artgemässen Nahrungskomponenten beim Kaninchen ein gleicher Erfolg beschieden zu sein: Erstmalig seit der Domestikation übertraf das Hauskaninchen das Wildkaninchen hinsichtlich der Fruchtbarkeit und des Wachstums. Im Vergleich zum "absoluten Kaninchenfutter" erhöhten sich diese Leistungen bis auf das Fünffache.
Unbefriedigend waren und sind jedoch, trotz Kokzidiose-Prophylaxe, die nach wie vor hohen Jungtierverluste. Sie betragen in gewerblichen französischen Kaninchenhaltungen bis zu über 30 % der Lebendgeborenen bis zur Schlachtung.
Das Auftreten bakterieller Darmerkrankungen konzentrierte sich nur anfangs auf Kaninchenhaltungen in denen pelletiertes Alleinfutter eingesetzt wurde. Inzwischen werden sie in zunehmendem Masse auch in Beständen beobachtet, bei denen kein Alleinfutter und Mischfutter nur als Ergänzung zu Grobfutter verfüttert wird. Das hat teilweise in der Ansicht bestärkt, dass nicht die Fütterung primäre Ursache ist, sondern dass es in erster Linie darauf ankommt die Vermehrung der Erreger, durch Chemotherapeutika (z.B. Antibiotika) o.a., zu verhindern bzw. zu erschweren.
Dabei wird jedoch übersehen, dass erst die dem Verdauungsvermögen des Jungkaninchens nicht angepasste Ernährung, im Zusammenhang mit hohem Infektionsdruck durch mangelhafte Stallhygiene, die Voraussetzungen für deren Vermehrung schafft. Diese können jedoch auch gegeben sein, wenn kein Alleinfutter verfüttert wird. Das ist der Fall wenn, wie bei nichtgewerblichen Haltungsformen übliche Praxis, unverkäufliche Backwaren verfüttert werden oder das pelletierte Mischfutter durch Getreide ergänzt wird. Der Gehalt an Kohlehydraten und insbesondere Stärke in diesen Futtermitteln ist im Vergleich zum Grünfutter um ein Vielfaches höher. Das Verdauungsvermögen des jungen Kaninchens ist dadurch in grösserem Masse überfordert als bei der Verfütterung eines Alleinfutters mit hoher Nährstoffkonzentration, in welchem der Kohlehydratanteil niedriger als 30 % ist.

Die Gewöhnung an festes Futter braucht Zeit


Im Gegensatz zur Wachstumsdepression, der das Wildkaninchen ab der 4. Lebenswoche unterworfen ist, sind beim Hauskaninchen hohe Tageszunahmen der Masstab für optimale Fütterung und Hinweis auf eine gute Futterverwertung. Das im Alter von 4 Wochen abgesetzte, mittelschwere Hauskaninchen frisst hierbei jedoch in den ersten 3 Tagen nach dem Absetzen mit bis zu 80g Alleinfutter pro Tag offensichtlich mehr als es verdauen kann. Denn die Nährstoffkonzentration im Alleinfutter bzw. der Energiegehalt sind, im Vergleich zum artspezifischen Nahrungsspektrum (Grünfutter) um ein Mehrfaches höher. Bis doppelt so hoch ist, im Vergleich zu Grünfutter, der auf die Trockensubstanz bezogene Gehalt an Eiweiss im Alleinfutter (s. Damme und Hülsmann, 2001).
Bemerkenswert ist die grosse Variationsbreite im täglichen Futterverzehr. Dies könnte ein Hinweis auf Zusammenhänge mit dem Krankheitsrisiko dahingehend sein, dass Tiere die weniger fressen, auch weniger unter Krankheitserscheinungen leiden.
Der Rückstau des Futterbreis führt dazu, dass sich die Futteraufnahme anschliessend halbiert. Die längere Passagezeit von Alleinfutter mit hoher Nährstoffkonzentration begünstigt ebenso die Vermehrung der Erreger wie unverdaute Nährstoffreste. Dies umso mehr als die keimhemmende und die Eiweissverdauung fördernde Wirkung des niedrigen pH-Wertes im Magen-Darmkanal durch die Pufferwirkung des hohen Eiweissgehaltes im Konzentratfutter und der beigemischten Mineralstoffe verringert wird.
Auf dem Nährboden unverdauter Nährstoffe und gefördert durch eine lange Passagezeit können bei hohem Kohlehydratanteil in der Ration bereits in der 5. Lebenswoche die ersten Krankheitserscheinungen (Durchfälle) und Verluste auftreten. In den folgenden zwei Lebenswochen sind es ca. 70 % aller durch akute Dysenterien verursachten Verluste. Was den Rest anbetrifft, so kann davon ausgegangen werden, dass die Voraussetzungen hierfür bereits durch die Ernährung bis zur 7. Lebenswoche geschaffen wurden, gefördert von der gleichzeitigen Erhöhung des Infektionsdruckes durch die, von den zuvor erkrankten und an Durchfall leidenden Stallgefährten, ausgeschiedenen Erreger.

Kaninchenfütterung, ein tierschutzrechtliches Problem


Eine "angemessene Ernährung" entsprechend § 2,1 Tierschutzgesetz, hat die Realisierung des veranlagten Leistungsvermögens (Fortpflanzung, Wachstum) ebenso wie den Schutz des Lebens und des Wohlbefindens (§1 Tierschutzgesetz) zu gewährleisten. Ersteres ist jedoch beim Hauskaninchen mit den zum artspezifischen Nahrungsspektrum des Wildkaninchens gehörenden Futtermitteln aus folgenden Gründen nicht möglich:

Mit zunehmender Grösse der Hauskaninchenrassen nehmen das Verdauungsvermögen und die relative Kapazität der Verdauungsorgane ab. Tiere von Rassen, die schwerer als das Wildkaninchen sind, können daher allein mit vegetativem Aufwuchs nicht "angemessen" ernährt werden. Beispielsweise liegen die Zunahmen mittelschwerer Rassen um 55 % niedriger, wenn sie Grünfutter beliebig aufnehmen können im Vergleich zur beliebigen Aufnahme von pelletiertem Alleinfutter. Unter Praxisbedingungen ist der Unterschied noch grösser, wegen des vom Erntezeitpunkt abhängigen Nährstoffgehaltes und des Einflusses der Schmackhaftigkeit.

Angesichts dessen gewährleistet nur der Einsatz von Futtermitteln mit einer nicht dem artspezifischen Nahrungsspektrum adäquaten Nährstoffkonzentration eine "angemessene", den Nährstoffbedarf für Fortpflanzung und Wachstum deckende Ernährung. Tierschutzrechtlich problematisch ist jedoch die Verfütterung derartiger Rationen, wenn sie Krankheiten und Verluste zur Folge haben. Wie eingangs erläutert, ist das der Fall, wenn das ab der 3. Lebenswoche aufgenommene Futter das Verdauungsvermögen überfordert und die unverdauten Nährstoffe zum Nährboden für bakterielle Erreger von Darmerkrankungen werden. Das zu verhindern ist mit entsprechender Rationsgestaltung und Fütterungstechnik möglich und hat deshalb Vorrang vor kurativen Massnahmen gegen durch Fütterungsfehler verursachte Krankheiten.

Die Maximierung der Zunahmen und der Futterverwertung durch eine das Verdauungsvermögen überfordernde Nährstoffkonzentration ist ebenfalls kein "vernünftiger Grund" (gemäss § 1 Tierschutzgesetz), wenn dadurch das Krankheitsrisiko erhöht wird. Das umso weniger, als Alternativen hinsichtlich Rationsgestaltung und Fütterungsmanagement bestehen, welche die Mastleistung ökonomisch kaum beeinträchtigen. Das gilt selbst dann, wenn das Krankheitsrisiko durch den prophylaktischen und therapeutischen Einsatz von Chemotherapeutika reduziert werden kann.

Das Bemühen um eine dem Verdauungsvermögen des wachsenden Kaninchens entsprechende Gestaltung der Ration wird dadurch unterstützt, dass in der Regel die physiologische Reifung der Verdauungsfunktionen mit der 7. Lebenswoche soweit abgeschlossen ist, dass unverdaute Nährstoffe in der Regel keinen Nährboden für die Krankheitserreger mehr darstellen. Es ist allerdings nicht auszuschliessen, dass dieser Zeitpunkt u.a. infolge der Verlängerung der Säugezeit oder genetische Einflüsse (s. rassebedingte Unterschiede im Verdauungsvermögen) variiert.

Diätetische Massnahmen, welche geringere Zunahmen oder eine schlechtere Futterverwertung zur Folge haben, können daher fast ohne Beeinträchtigung der Mastleistung auf diesen Zeitraum beschränkt bleiben, wenn anschliessend Futter mit höherer Nährstoffkonzentration beliebig aufgenommen werden kann. Wegen der dem Kaninchen eigenen Fähigkeit des kompensatorischen Wachstums wird, im Vergleich zur ad libitum-Fütterung, die Mastleistung um so weniger beeinflusst je höher das Mastendgewicht ist.

Krankheitsvorbeugung muss bereits während der Säugezeit beginnen!

Das Auftreten der ersten Krankheitserscheinungen nach der 4. Lebenswoche, d.h. etwa eine Woche nach dem Beginn der Futteraufnahme, verleitet zu der irreführenden Annahme, dass erst die Fütterung nach dem Absetzen dem Verdauungsvermögen des jungen Kaninchens entsprechen muss. Das ist auch einer der Gründe für den unterschiedlichen Erfolg der nachstehend beschriebenen vorbeugenden Massnahmen, zumal auch der Zeitpunkt des Absetzens zwischen 25 und 56 Lebenstagen variiert. Dabei wird ignoriert, dass die Inkubationszeit mit der Aufnahme festen Futters bereits in der 3. Lebenswoche beginnt, ohne dass zunächst klinische Symptome sichtbar werden. Je früher ein Futtermittel mit hoher Nährstoffkonzentration (z.B. für die Häsin bestimmtes Alleinfutter, Getreide, Backwaren) aufgenommen werden kann, desto weniger ist das Verdauungsvermögen entwickelt und desto höher ist dementsprechend das Krankheitsrisiko. Die Menge des von den Jungtieren aufgenommenen Häsinnenfutters ist sowohl abhängig von der Höhe der Milchleistung, als auch von der Wurfstärke und der Schmackhaftigkeit des Futters. Das erklärt die sehr unterschiedlichen Beobachtungen über den Zeitpunkt des Auftretens der ersten Krankheitssymptome:
Je höher die Milchleistung ist, desto weniger nehmen die Jungtiere Futter aus dem Häsinnentrog auf. Dementsprechend geringer kann das Krankheitsrisiko sein. Damit wird gelegentlich die Verlängerung der Säugezeit bis auf das Doppelte der artgemässen Dauer begründet. Dabei wird jedoch übersehen, dass sich für die Jungtiere mit zunehmender Dauer der Säugezeit nicht nur das Risiko der Infektion mit bakteriellen Erregern von Darmerkrankungen erhöht, sondern auch mit denen der Kokzidiose und anderen Krankheiten, welche die Häsin ausscheidet. Nach Untersuchungen von Rossi et al. (2005) schieden 49 % der Zuchttiere aus Praxisbetrieben Erreger der akuten Dysenterie aus. Probleme bereiten weiterhin Verletzungen und Erkrankungen des Gesäuges der Häsin (Mastitis). Ferner Beeinträchtigungen ihres Wohlbefindens durch die zum Gesäuge drängenden Jungtiere sowie das mit zunehmender Dauer der Säugezeit wachsende Nährstoffdefizit. Denn die Häsin kann selbst bei beliebiger Aufnahme von Alleinfutter nicht den Nährstoffbedarf für die Milcherzeugung decken (Xiccato, 1996).

Hygienische Mängel erhöhen das Krankheitsrisiko

Je höher der Infektionsdruck durch schlechte hygienische Bedingungen ist, desto weniger ernährungsbedingte Voraussetzungen für bakterielle Darmerkrankungen sind erforderlich, um Krankheitserscheinungen auszulösen. Das erklärt, weshalb auch ältere Tiere unter bakteriellen Darmerkrankungen leiden können. Dies umso mehr, als die Häufigkeit diese Erkrankungen durch die Entwicklung virulenter Stämme (z.B. EPEC) ebenso gefördert wird, wie durch deren Resistenz gegen Chemotherapeutika.
An bakteriellen Darmerkrankungen leidende Kaninchen scheiden die Erreger mit dem Kot aus, der bei Durchfall am Fell und der Stalleinrichtung haften bleibt bzw. eingetrocknet als Staub verbreitet wird. Das Risiko mit den Erregern von bakteriellen Darmentzündungen infiziert zu werden wird daher durch die unhygienischen Bedingungen erhöht, die bei der Haltung des Hauskaninchens häufig anzutreffen sind. Zu diesen Risikofaktoren gehören beispielsweise:
  • Keine geschlossene Räumung und Neubelegung des Stalles (all in – all out)
  • lange Verweildauer von Kot und Harn im Stall (Einstreuhaltung, Kotlagerung unterhalb perforierter Böden)
  • Haltung von Jung- und Zuchttieren im gleichen Stall
  • Gruppenhaltung von Zuchttieren
  • Auslaufhaltung
  • Bestandesergänzung durch Zusetzen von Zuchttieren, die zuvor erkrankt waren oder die Kontakt mit erkrankten Tieren hatten
  • fehlende oder unwirksame Stalldesinfektion

Krankheitsvorbeugung durch Fütterung und Fütterungsmanagement


Sofern Dünndarmkokzidiose als Krankheitsursache auszuschliessen ist, können, unter Hinweis auf die vorstehend erläuterten Zusammenhänge, folgende Massnahmen das Krankheitsrisiko verringern:

Vermeidung unverdauter Nährstoffreste als Nährboden für Krankheitserreger


Die in diesem Zusammenhang durchzuführenden Massnahmen haben eine der altersabhängigen Entwicklung der Verdauungsfunktionen entsprechende "angemessene Ernährung" zum Ziel. Hierzu wird entweder die Futteraufnahme begrenzt oder ein Futter mit geringerer Nährstoffkonzentration, bei gleichzeitiger Berücksichtigung eines dem Verdauungsvermögen entsprechenden Kohlehydrat- oder Eiweissanteils, angeboten.
Die Rationierung von Futter mit hoher Nährstoffkonzentration soll eine dem Verdauungsvermögen entsprechende Nährstoffaufnahme ermöglichen. Bei diesbezüglichen Untersuchungen wurden durch eine Reduzierung der Alleinfutteraufnahme um 20% bis 40 % nach dem 29. Lebenstag, im Vergleich zur ad libitum Fütterung bis zum Mastendgewicht von 3,2 kg die Verluste um ein Drittel bzw. die Hälfte reduziert. Die Tageszunahmen verringerten sich jedoch in gleichem Umfang. An Stelle der arbeitsaufwendigen Zuwiegung des Futters kann der Futterverzehr durch die Begrenzung des Zugangs zum Futter verringert werden. Beispielsweise wird die Futteraufnahme bis zur 8. Lebenswoche um 50% reduziert, wenn täglich nur während 4 Stunden Futter aufgenommen werden konnte. Bis zur 13. Lebenswoche betrug hierbei der Futteraufwand je kg Zuwachs nur 80 % im Vergleich zur beliebigen Aufnahme bei gleicher Reduzierung des Mastendgewichtes.
Die vorbeugende Wirkung einer Rationierung kann durch die damit verbundene Verlängerung der Darmpassage teilweise reduziert werden. Diese wird beschleunigt, wenn zusätzlich schmackhaftes Grobfutter verfüttert wird. Stroh oder Heu minderer Qualität sind hierfür weniger geeignet. Es wird hiervon zu wenig gefressen, wenn es nicht gemahlen dem Alleinfutter beigemischt wird.
Abgesehen von dem mit der Rationierung des Futters verbundenen Arbeitsaufwand ist diese
bei der üblichen gemeinsamen Haltung von Häsin und Jungtieren erst nach dem Absetzen praktikabel. Diese Nachteile vermeidet ein dem Verdauungsvermögen des jungen Kaninchens entsprechendes Starterfutter. Dem artspezifischen Nahrungsspektrum entsprechen Futtermittel mit einem hohen Anteil der verdaulichen Rohfaserfraktion (Pektine, Hemizellulosen) in Grünmehlen. Zum Beispiel verringerten sich die Verluste mit zunehmendem Anteil von Luzernegrünmehl in der Ration von 20% (ohne Luzerne) auf 0 (74%) Luzernegrünmehl bei entsprechender Verringerung des Getreideanteils (Pole et al., 1980). Diätetisch noch effizienter ist bei kombinierter Fütterung die Verabreichung von Anwelksilage (nicht zu verwechseln mit Nasssilage!) wegen ihres niedrigen pH-Wertes und des Gehaltes an Lactobazillen. Sie wird ausserdem lieber als Heu gefressen und hat einen höheren Gehalt an verdaulichen Nährstoffen.
Die mit einer geringeren Nährstoffkonzentration im Starterfutter verbundene Beeinträchtigung der Mastleistung wird vermieden, wenn dessen Verfütterung nur bis zur 7. Lebenswoche erfolgt. Denn 70 % der durch E.coli verursachten Verluste treten bereits in der 4.-7. Lebenswoche auf. Auch bei den späteren Verlusten kann davon ausgegangen werden, dass der Ursprung des Krankheitsgeschehens überwiegend in dem vorhergehenden Altersabschnitt liegt. Dank des kompensatorischen Wachstums wird dadurch die Mastleistung bis zum Mastende ebenso wenig beeinträchtigt, wie durch die Begrenzung der Futteraufnahme bis zur 7. Lebenswoche (s.o.) Auf diese Weise ist es möglich eine hohe Mastleistung mit dem ökonomischen Vorteil eines geringeren Krankheitsrisikos zu verbinden.
Voraussetzung für den Erfolg dieser Massnahmen ist deren Beginn mit der Futteraufnahme.
Denn die Fähigkeit, in Samen und Wurzelfrüchten (z.B. Kartoffeln) enthaltene Kohlehydrate und Eiweiss zu verdauen, ist umso weniger entwickelt, je jünger das Kaninchen ist. Bereits in der 4. Lebenswoche deckt es nur noch die Hälfte seines Energiebedarfes mit Muttermilch, wenn es das Futter aus dem Häsinnentrog beliebig aufnehmen kann. Um den Erfolg einer dem Verdauungsvermögen entsprechenden Fütterung sicher zu stellen, muss gewährleistet sein, dass die Jungtiere spätestens ab dem 21. Lebenstag nur noch Starterfutter fressen können und vermieden wird, dass für die Häsin bestimmtes Futter gefressen werden kann.
Das ist am einfachsten zu gewährleisten, wenn die Jungtiere bereits am 21. Lebenstag abgesetzt werden. Im Vergleich zum Absetzen mit 42 Tagen wird dadurch die Gewichtsentwicklung bis zum Mastende (11 Wochen) nicht beeinträchtigt (Schlolaut und Lange, 1971; Pascual, 2001). Abgesehen von dem vereinfachten Fütterungsmanagement ist das frühzeitige Absetzen mit einer Reihe weiterer Vorteile, hinsichtlich der Minderung des Krankheitsrisikos, für Häsin und Jungtiere verbunden:
  • Minderung des Infektionsdruckes durch von der Häsin ausgeschiedene Erreger (z.B. Pasteurellen, E.coli, Kokzidien)
  • geringeres Risiko von Verletzungen des Gesäuges
  • Optimierung der Nährstoffbilanz der Häsin.
Sofern man sich trotz der einfachen Handhabung und der genannten Vorteile nicht für ein frühzeitiges Absetzen entscheidet, besteht die Möglichkeit ab dem 21. Lebenstag die Jungtiere getrennt von der Häsin aufzustallen, damit die Jungtiere separat mit Starterfutter versorgt werden können. Die Häsin wird dann nur noch 1 x täglich zum Säugen zugesetzt, ohne dass die Entwicklung der Jungtiere dadurch beeinträchtigt wird. Diese Handhabung entspricht übrigens der artgemässen "Mutter-Kind-Beziehung" des Wildkaninchens. In der 4. Woche nach dem Werfen sucht auch hier die Häsin im Durchschnitt nur noch 0,9 mal täglich die Jungtiere zum Säugen auf (Hoy u. Selzer, 2002).
Schliesslich besteht die Möglichkeit dass die Häsin ab der 3. Woche ab dem Werfen ebenfalls das Starterfutter erhält. Wegen dessen geringerer Nährstoffkonzentration muss dann die Säugezeit auf die artgemässe Dauer von 4 Wochen begrenzt werden, wenn nach dem Werfen wieder gedeckt wurde.
Bedauerlicherweise wird die Auswahl geeigneter Mischfuttertypen durch die vielfach fehlenden Angaben über den Energiegehalt (Damme u. Hülsmann, 2003) bzw. unklare Hinweise für die Einsatzmöglichkeiten erschwert.

Stabilisierung der normalen Darmflora


Unter den Bakterienarten, die den Darm des gesunden Kaninchens besiedeln, überwiegen Milchsäurebakterien. Wenn vor der 7. Lebenswoche durch die Aufnahme von Konzentratfutter der pH-Wert im Magen und die Menge unverdauter Nährstoffreste im Darm ansteigt, werden die Milchsäurebakterien durch E.coli verdrängt. Um dies zu vermeiden, obwohl die Ration nicht dem artspezifischen Nahrungsspektrum entspricht, werden beispielsweise folgende Zusätze dem Futter oder Trinkwasser beigefügt:
  • Organische Säuren als Zusatz zum Futter (z.B. Propion- oder Ameisensäure) oder zum Trinkwasser (z.B. Essig- oder Zitronensäure )
  • Süssmolkenpulver
  • Probiotika- z.B. Milchsäurebakterien
  • Phytogene Aromastoffe – Kräuter-Extrakte u.a.
  • Gerbstoffe z.B. Tannin

Vermehrung der Erreger hemmen oder rückgängig machen


Um die ökonomischen Vorteile der besseren Mastleistung von nicht dem Verdauungsvermögen entsprechenden Futterrationen mit höherer Nährstoffkonzentration zu erhalten, finden, falls die Möglichkeiten unter 2. nicht ausreichen, u.a. folgende Futterzusätze Anwendung:
  • Antibiotika (ab dem 1. Januar 2006 nur noch aus veterinärmedizinischen Gründen als Futterzusatz erlaubt)
  • Kupfersulfat
Der Erfolg obiger Massnahmen ist entscheidend davon abhängig, inwieweit die bei der Haltung anderer Nutztierarten selbstverständlichen hygienischen Massnahmen zur Verringerung des Infektionsdruckes auch in der Kaninchenhaltung Eingang finden.

Fütterungsmanagement und seuchenhafte Enteropathie (Enterocolitis)


Es liegen nur relativ wenige experimentell fundierte Informationen darüber vor, ob sich auch das Krankheitsrisiko hinsichtlich des Auftretens der seuchenhaften Enteropathie durch die Zusammensetzung der Ration und das Fütterungsmanagement verringern lässt. Nach Kühn (2005) konnte in Frankreich durch die Rationierung des Alleinfutters der Krankheitsverlauf ebenfalls günstig beeinflusst werden. Selbst bei künstlich infizierten Kaninchen wurden die Verluste um ein Drittel verringert, wenn die Futteraufnahme in den ersten 20 Tagen nach dem Absetzen um 40 % reduziert wurde (Boisot et al 2003). Dieser Effekt ist nahezu identisch mit dem Einfluss einer 60 %igen Alleinfutter-Restriktion auf die Verluste durch akute Dysenterie.
Entscheidenden Einfluss auf Ausbruch und Verlauf der seuchenhaften Enteropathie hat ebenfalls die Stallhygiene. Nach Umstallung von Kaninchen aus einem erkrankten Bestand in einem Betrieb mit hohem Hygienestandard konnte das weitere Auftreten der Krankheit verhindert werden (Guitton et al, 2000, zit. n. Kühn, 2005). Fütterungsfehler und hygienische Mängel sind somit auch für diese Erkrankung prädisponierende Faktoren. Bevor arbeits- und kostenaufwendige Vorbeugungsmassnahmen (z.B. Vakzinierung, Chemotherapeutika) in Erwägung gezogen werden ist es deshalb sinnvoll zunächst zu prüfen, ob diese Risikofaktoren auszuschliessen sind.

Zusammenfassung


Dank des Einsatzes von Kokzidiostatika haben akute Dysenterien (Coli-Intoxikationen) als Folge einer durch Dünndarmkozidiose gestörten Nährstoffresorption beim Hauskaninchen nur noch geringe Bedeutung. Der nach wie vor große Anteil von durch bakterielle Darmerkrankungen verursachten Verlusten an den Abgangsursachen ist nunmehr darauf zurückzuführen, dass die bei der Ernährung des jungen Hauskaninchens Verwendung findenden Futtermittel nicht der altersabhängigen Entwicklung der Verdauungsfunktionen entsprechen.
Der Einsatz von nicht zum artspezifischen Nahrungsspektrum gehörenden Futtermitteln mit höherer Nährstoffkonzentration ist durch die beim Hauskaninchen grössere Variation des Grössenwuchses und die dadurch bedingten Unterschiede im Verdauungs- und Futteraufnahmevermögen begründet. Die für die Realisierung des veranlagten Wachstums und der Fortpflanzung erforderliche hohe Nährstoffkonzentration entspricht jedoch nicht der Entwicklung der Verdauungsfunktionen bis zur 7. Lebenswoche. Dadurch bedingt können unverdaute Nährstoffe, begünstigt durch die verzögerte Darmpassage und die Erhöhung des pH-Wertes im Magen-Darmkanal, zum Nährboden für die Erreger werden. Dem kann am sichersten durch die Verfütterung eines "Starterfutters" mit dem Verdauungsvermögen entsprechenden Komponenten vorgebeugt werden. Dieses muss bereits ab dem Beginn der Futteraufnahme, d.h. ab dem 21. Lebenstag angeboten werden, ohne dass Häsinnenfutter aufgenommen werden kann. Die damit verbundene Beeinträchtigung der Mastleistung kann durch die anschliessende Verfütterung von Futter mit höherer Nährstoffkonzentration kompensiert werden. Andere, zur Zeit praktizierte Massnahmen zur Reduzierung des Krankheitsrisikos, werden erläutert.
Angesichts der Möglichkeiten mit denen der altersbedingten Entwicklung der Verdauungsfunktionen Rechnung getragen werden kann, besteht somit kein "vernünftiger Grund" im Sinne des Tierschutzgesetzes, um zugunsten der Mastleistung ein höheres Krankheitsrisiko in Kauf zu nehmen.
Auf Untersuchungen, nach denen auch die Verluste durch seuchenhafte Enteropathie (Clostridien-Intoxikation) durch die Begrenzung der Nährstoffaufnahme gesenkt werden können, wird ebenso hingewiesen wie auf die Reduzierung des Krankheitsrisikos durch die Vermeidung der bei der Kaninchenhaltung verbreiteten hygienischen Mängel. Der vorbeugende Ausschluss dieser Risikofaktoren hat somit auch hier vorrangige Bedeutung.

Quellennachweis

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